Wahlforschung

Methodik und Finanzierung von PrognosUmfragen undurchsichtig

15.03.2024, 22:09 (CET)

Wie PrognosUmfragen zu seinen Ergebnissen kommt, ist unklar. Trotzdem verbreiten Politiker immer wieder gerne ihre Werte.

In der Wahlforschung muss man zwischen Projektionen und Umfragen unterscheiden. Projektionen sind keine reinen Umfrageergebnisse. In die Projektion fließen noch andere Faktoren als die Antworten der Befragten ein, zum Beispiel langfristige politische Einstellungen. Solche Projektionen veröffentlicht der Account PrognosUmfragen auf X, vormals Twitter. Manchmal verbreiten sich die Projektionen weit, weil Politiker sie teilen. Im Frühjahr macht zum Beispiel eine Projektion zur Sonntagsfrage in Baden-Württemberg die Runde, als Sharepic eines AfD-Politikers.

Bewertung

Bei den Ergebnissen, die der Account PrognosUmfragen veröffentlicht, wird die Methodik hinter den Projektionen nicht transparent gemacht. Ebenso wenig, wer hinter dem Account steht und wie er sich finanziert. Dieses Vorgehen entspricht nicht den Transparenz-Standards in der Meinungsforschungsbranche.

Fakten

Standards hat der Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung in einem Statement zu PrognosUmfragen vom September 2023 dargelegt. Demnach müssen bei Umfragen unter anderem Angaben zur Stichprobengröße, Methode, angewandtes Erhebungsverfahren und Untersuchungszeitraum veröffentlicht werden. All dies macht PrognosUmfragen nicht. Daher fordert der Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung den Account auf, sich an den Branchenkodex zu halten und «derart unseriöse "Umfragezahlen" nicht weiterzuverbreiten». Im November 2023 hat der Rat die Standards in überarbeiteter Version veröffentlicht.

Der letzten größeren Sonntags-Frage von Januar 2024 zufolge käme bei Wahlen in Baden-Württemberg die CDU auf 32 Prozent, die Grünen auf 22 Prozent und die AfD auf 18 Prozent. Diese Zahlen stammen vom Institut Infratest dimap und weichen stark von den Ergebnissen der Projektion von PrognosUmfragen ab, bei der die AfD ein höheres Ergebnis bekommt.

Wer hinter dem Account von PrognosUmfragen steht, ist unklar, auch im März 2024 wird es nach wie vor nicht ersichtlich. Auf Nachfrage der dpa via X für frühere Faktenchecks wollte sich der Betreiber dazu nicht äußern. Laut eigenen Angaben beschäftigt er oder sie jedoch mehrere Mitarbeiter, die mindestens Masterabschlüsse im sozialwissenschaftlichen Bereich haben.

Doch wie soll ein Account auf X, der nur dort aufwendige Projektionen veröffentlicht, mehrere Mitarbeiter finanzieren? Laut den Angaben gegenüber dpa erhält PrognosUmfragen keine öffentlichen Fördergelder, die Finanzierung stützt sich auf «inländische Quellen». Angaben, wie genau diese Finanzierung und das Geschäftsmodell aussehen, machte der Betreiber des Profils nicht.

Nach Angaben des Account-Inhabers befindet sich der Hauptsitz von PrognosUmfragen in Baden-Württemberg. Ein Eintrag, der diese Angabe bestätigen würde, findet sich im Handelsregister jedoch nicht.

Aktiv ist der Account schon seit 2011. Außerdem ist er immer wieder Gegenstand von Berichterstattung, da die Projektionen häufig von Politikern geteilt werden. Auch die dpa veröffentlichte schon 2019 und 2023 Faktenchecks.

(Stand: 15.3.24)

Links:

Post (archiviert)

Pressemitteilung (archiviert)

Standards (archiviert)

bpb über Demoskopie (archiviert)

PrognosUmfragen bei X (archiviert)

Umfragen (archiviert)

Sonntagfrage Baden-Württemberg von Infratest dimap (archiviert)

Faktencheck 2019 (archiviert)

Handelsregister (archiviert)

Faktencheck BR (archiviert)

dpa Faktencheck 2023

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