Ramadan-Ansprache

Scholz bezieht sich auf Treffen radikaler Rechter in Potsdam

21.03.2024, 17:34 (CET), letztes Update: 21.03.2024, 18:11 (CET)

Der Bundeskanzler hat vor rassistischen Deportationsplänen Rechtsextremer gewarnt - und damit natürlich nicht die Oppositionsparteien CDU und CSU gemeint.

Wen hat Bundeskanzler Olaf Scholz ins Visier genommen, als er in seiner Ramadan-Ansprache Anfang März 2024 von «rassistische[n] Deportationspläne[n] Rechtsextremer» sprach? In sozialen Netzwerken kursiert die Behauptung, er kritisiere damit CDU und CSU sowie ein Bund-Länder-Treffen. Eine Nachfrage im Kanzleramt bringt Klarheit.

Bewertung

Falsch. Wie Scholz im Bundestag erläutert, bezieht er sich auf das Geheimtreffen radikaler Rechter in einer Potsdamer Villa im November 2023. Dort war eines der Gesprächsthemen unter anderem, wie man Ausländer und teils auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft abschieben könne.

Fakten

Zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan veröffentlichte Bundeskanzler Olaf Scholz am 10. März 2024 eine Videoansprache. Darin sagte er: «Zu Beginn des Ramadans bin ich mit meinen Gedanken auch bei den Musliminnen und Muslimen hier in Deutschland, die sich Sorgen um den Zusammenhalt machen. Nach den Berichten über rassistische Deportationspläne Rechtsextremer höre ich auch immer wieder besorgte Fragen nach der Zukunft. Das ist bedrückend.»

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) verweist das Bundespresseamt auf die Regierungsbefragung am 13. März 2024 im Bundestag. Auf die Frage eines Abgeordneten (Video ab 1:12:01) nach der Ramadan-Ansprache und speziell der Passage zu den «Berichten über rassistische Deportationspläne Rechtsextremer» antwortet Scholz:

«Da ist was ganz Schlimmes passiert in dieser Villa in Potsdam. Und alle, die dafür Verantwortung haben, müssen auch diese Verantwortung tragen und können jetzt nicht plötzlich versuchen, sich da rauszureden. [...] Es darf nicht der Plan gefasst werden, dass man Menschen aus diesem Land vertreibt, die deutsche Staatsbürger sind, die jahrelang hier leben, die hier Kinder haben, die jeden Tag arbeiten und Steuern zahlen. Das werden wir nicht akzeptieren.»

Scholz hat sich also nicht - wie wahrheitswidrig behauptet - auf ein Treffen mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer am 6. März in Berlin bezogen.

Worum ging es bei dem Treffen in Potsdam?

Die Veranstaltung am 25. November 2023 in einer Villa war durch Recherchen und Berichte des Medienhauses Correctiv bekannt geworden. Teilnehmer waren unter anderem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion.

Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, sprach bei dem Treffen über «Remigration». Darunter verstehen Rechtsextreme in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

In der aktuellen Falschbehauptung über Scholz' Ramadan-Ansprache wiederholt der Verbreiter auch eine andere unwahre These: Schon zuvor hatte er behauptet, Correctiv habe vor Gericht zugeben müssen, dass die Recherche um das geheime AfD-Treffen frei erfunden sei. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wie ein dpa-Faktencheck zeigt, hat Sellner sogar selbst bestätigt, dass unter anderem darüber gesprochen wurde, wie mehr Ausländer und sogar Menschen mit deutschem Pass Deutschland verlassen könnten.

In den Wochen nach Bekanntwerden des Treffens demonstrierten deutschlandweit Hunderttausende Menschen gegen Rassismus und Rechtsextremismus.

(Stand: 20.3.2024)

Links

Youtube-Video mit Falschbehauptung (archiviert)

Ramadan-Ansprache von Bundeskanzler Olaf Scholz (Website archiviert, Video archiviert)

Befragung im Bundestag vom 13. März 2024 (Protokoll archiviert, Textstelle S. 19995)

Bericht zu Demonstrationen gegen rechts (archiviert)

Correctiv-Bericht Treffen radikaler Rechte in Potsdamer Villa (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Correctiv/Potsdam-Treffen

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