Tonqualität beweist

Angeblicher Appell von Nawalnys Mutter ist Audio-Fake

18.03.2024, 15:25 (CET), letztes Update: 18.03.2024, 15:40 (CET)

Nach dem Tod von Oppositionspolitiker Alexej Nawalny fluten Fälscher das Internet mit manipulierten Videos. Diesmal nutzen sie die Videos von seiner Mutter.

Am 16. Februar starb der bekannteste russische Oppositionspolitiker Aleksey Nawalny in einer Strafkolonie in der Nähe des Polarkreises. Auf Facebook kursiert nun ein russischsprachiger Audio-Ausschnitt, in dem angeblich seine Mutter, Ljudmila Nawalnaja, seine Witwe Julia beschuldigt, den Gefangenen nie besucht zu haben. Stattdessen sei sie mit einem anderen Mann gesehen worden. Doch ist in dem Audioclip wirklich die Stimme von Nawalnys Mutter zu hören, oder handelt es sich um einen Trick?

Bewertung

Der Audioclip ist gefälscht. Das teilte ein Vertrauter Nawalnys der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Stimme im Fragment klingt nicht wie die von Ljudmila Nawalnaja. Es gibt sehr starke Hinweise darauf, dass das Fragment mit künstlicher Intelligenz (KI) erstellt wurde.

Fakten

Die Deutsche Presse-Agentur hat das Team von Alexej Nawalny gebeten, das Audio einzuschätzen. «Natürlich ist das eine Fälschung», so die Antwort via Mail.

In einer Sendung des russischen Nachrichtensenders TV Rain am 23. Februar reagierte Iwan Schdanow, ein Anwalt Nawalnys, auf den Clip. Er nannte den Clip als Beispiel für «die schmutzigen Methoden und Fälschungen» und die «schmutzigen Informationsspiele» der russischen Behörden im Fall Nawalny. TV Rain ist ein Sender, der vor Kritik am Kreml nicht zurückschreckt und deshalb in Russland nicht mehr erlaubt ist. Seit 2023 ist die Redaktion in Amsterdam ansässig.

Audio klingt nicht authentisch

Der Audioclip klingt auch nicht sehr glaubwürdig. So sind nicht alle Wörter deutlich und manchmal klingt er sehr eintönig. Für Nicht-Russischsprachige mag es schwieriger sein, es zu erkennen, aber Nawalnajas echte Stimme klingt nur sehr entfernt wie die im Audioclip.

Zudem gibt es Hinweise, dass das Audiofragment auf Facebook nicht mit einem Mikrofon aufgenommen wurde. Technisch gesehen ist die Abtastrate des Clips geringer, als sie jedes herkömmliche Mikrofon erreichen könnte. Um eine Stimme richtig aufzunehmen, muss die Abtastrate – die Häufigkeit, mit der ein analoges Signal pro Sekunde vom Mikrofon gemessen wird – mindestens doppelt so hoch sein wie die höchste aufgezeichnete Frequenz.

Messungen mit der Software Audacity ergeben, dass die maximale Frequenz des Audiofragments 11 kHz beträgt. Das bedeutet, dass die maximale Abtastfrequenz 22 kHz beträgt. Selbst einfache Mikrofone verwenden heute höhere Abtastraten. Künstlich generiertes Audio hingegen verwendet niedrige Abtastraten nahe 22 kHz. Dies sind starke Hinweise darauf, dass der Audioclip synthetisch erzeugt wurde.

In den Tagen nach Nawalnys Tod nahm seine Mutter mehrere Videos auf, die von zuverlässigen Medien wie Euronews und TV Rain ausgestrahlt wurden. Möglicherweise wurde Tonmaterial daraus als Grundlage für die Fälschung verwendet.

(Stand: 18.3.2024)

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Interview (archiviert; archiviertes Video)

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