Wenn Wetter auf Klima trifft

Einzelner Wert aus dem Jahr 1974 kein Widerspruch zur Erderwärmung

15.02.2024, 14:12 (CET), letztes Update: 15.02.2024, 14:37 (CET)

Warme Winter und extreme Wetterlagen gab es auch schon in der Vergangenheit. Warum einzelne Werte von damals kein Grund sind, Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung anzuzweifeln.

Das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus verzeichnete jüngst den weltweit wärmsten Januar mit durchschnittlich rund 13 Grad. Auch in Deutschland war der Januar 2024 im Vergleich zu international gültigen Referenzperioden zu warm.

Während Klimaschützer alarmiert sind, reagieren manche Nutzer in sozialen Netzwerken mit Unverständnis. Sie verweisen auf einen Zeitungsartikel der «Welt» aus dem Jahr 1974. Demnach wurden am 13. Januar 1974 im bayerischen Flachland Temperaturen bis zu 15 Grad und auf der Zugspitze Werte um null Grad gemessen. Einige stellen dabei sogar den Klimawandel infrage.

Bewertung

Die Behauptung, es gebe keinen Klimawandel, weil auch schon der Winter 1974 wärmere Tage aufwies, ist falsch. Anhand eines einzelnen Wetterereignisses kann die menschengemachte Klimaerwärmung nicht widerlegt werden. Derartige Wetterlagen treten inzwischen häufiger und intensiver auf und sind ein Beweis für den Klimawandel.

Fakten

Der Zeitungsartikel wurde am 14. Januar 1974 in der «Welt» veröffentlicht. Inhaltlich bezieht sich der Text aber auf den Tag davor, also Sonntag, 13. Januar. Darin heißt es: «Die Temperaturen kletterten bei ausgeprägter Föhnlage in manchen Alpentälern und im bayerischen Flachland bis auf 15 Grad Wärme an. (...) Sogar auf der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg, wurde die für Januar sensationelle Temperatur von null Grad gemessen.»

Diese Temperaturangaben lassen sich durch Wetterarchive überprüfen und scheinen - mit kleinen Abweichungen - auch zu stimmen. So zeigt eine Karte von Wetter-Experte Jörg Kachelmann für den 13. Januar 1974 in Zugspitz-Nähe als Tageshöchsttemperatur minus 0,5 Grad und in Bayern Werte bis zu zwölf Grad Celcius. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) spricht auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) ebenso von einer Maximumtemperatur von -0,5 Grad auf der Zugspitze, wie auch eine weitere Grafik bestätigt.

Im weiteren Januar-Verlauf sind nach DWD-Angaben vor allem in Baden-Württemberg an vielen Messstationen Temperaturen von über 14 Grad beobachtet worden. Die Bundesoberbehörde bestätigt zudem, dass derartige Temperaturen bei Föhn vorkommen können. Als Föhn wird ein warmer, trockener Wind auf der Alpennordseite bezeichnet, der oft für die Jahreszeit deutlich zu hohe Temperaturen mit sich bringt - so wie an jenem Tag im Jahr 1974. Der Winter 1974/1975 galt danach lange als wärmster Winter Deutschlands.

Wetter nicht mit Klima verwechseln

Gleichzeitig widersprechen die Werte nicht der Tatsache, dass die Temperaturen stetig steigen und sich das Klima wandelt. Ein kurzfristiger Zustand, wie beispielsweise der Januar 1974, wird als Wetter bezeichnet. Um hingegen Aussagen über das Klima treffen zu können, reicht es nicht, sich einzelne Tage anzusehen, sondern man muss das Wetter über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten.

Besonders warme oder besonders kalte Tage sind also auch beim langfristigen Trend der Klimaerwärmung möglich. Experten stellen aber fest, dass sich derartige Extremwetterereignisse und Temperaturrekorde häufen. Verschiedene Grafiken zeigen, wie die Winter in Deutschland immer häufiger immer höhere Temperaturen erreichen.

Mitten im Winter: Plustemperaturen auf der Zugspitze

Was bedeutet das für das die Region um die Zugspitze? In Garmisch-Partenkirchen erreichten die Temperaturen im Januar 2024 gleich mehrfach über zehn Grad. Der Höchstwert wurde laut Wetterkontor am 24. Januar gemessen und betrug 16 Grad. Der bundesweiste Höchstwert im Januar 2024 lag ebenfalls in Bayern: Im Berchtesgadener Land wurden fast 18 Grad gemessen. Auch auf der Zugspitze gab es im Vergleich zum vieljährigen Mittelwert milde Temperaturen. Am 30. Januar erreichten die Werte dort in der Spitze fast vier Grad. Insgesamt führten die steigenden Temperaturen dazu, dass sich das Jahr 2023 in die Liste der wärmsten Jahre auf der Zugspitze seit Beginn der Temperaturaufzeichnung 1900 einreiht.

Dass die Erderwärmung durch die menschengemachte Emission von Treibhausgasen verursacht wird, ist wissenschaftlich belegt. Die Vereinten Nationen schreiben auf ihrer Webseite, die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas sei die Hauptursache für die Veränderung des Klimas. Die dpa veröffentlichte bereits mehrere Faktenchecks rund um den Klimawandel. Falsch ist auch die Behauptung, nicht der Mensch, sondern Sonnenzyklen seien für die Klimaerwärmung verantwortlich.

(Stand: 15.2.2024)

Links

Copernicus-Bericht (archiviert)

Deutschlandwetter Januar 2024 (archiviert)

Karte von Kachelmannwetter (archiviert)

Wetterzentrale mit Daten des Deutschen Wetterdienstes (archiviert)

Erklärung Föhn (archiviert)

Temperaturanomalien (archiviert)

Warme Winter seit Aufzeichnungsbeginn (archiviert)

Erklärung Wetter (archiviert)

Erklärung Klima (archiviert)

Tagesmitteltemperatur Winter in Deutschland (archiviert)

Wetterstation Zugspitze (archiviert)

Wetterrückblick bei «Wetterkontor» (archiviert)

dpa-Faktencheck zum menschengemachten Klimawandel

Vereinte Nationen zum Klimawandel (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Sonnenzyklen

Beitrag bei Facebook (archiviert)

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