Bild manipuliert

Kein Graffiti über Tucker Carlson auf dieser Münchener Hauswand

13.02.2024, 15:40 (CET)

Im Netz ist ein angebliches Graffiti aufgetaucht. Es soll vor der ukrainischen Botschaft in Berlin zu sehen sein und für ein Putin-Interview werben. Doch es handelt sich um eine Fälschung.

Der für die Verbreitung von Falschmeldungen und Verschwörungstheorien bei seinem früheren Arbeitgeber Fox News bekannte US-Moderator Tucker Carlson sorgt für Schlagzeilen. Der Talkmaster hat ein Interview mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geführt. Fast zwei Jahre nach dem Beginn des Kriegs gegen weite Teile der Ukraine hat sich Putin damit erstmals in einem US-Interview geäußert und länger als zwei Stunden seine Sicht auf die Weltlage dargelegt.

In diesem Zusammenhang soll nun nahe der ukrainischen Botschaft in Deutschland ein angebliches Graffiti aufgetaucht sein. Das vermeintliche Kunstwerk soll demnach ein Bild von Tucker Carlson zeigen mit der Unterschrift «Fuck Biden» sowie einen QR-Code, der zu dem Interview führen soll. User verbreiten ein entsprechendes Bild. Gibt es dieses Graffiti wirklich?

Bewertung

Falsch. An dieser Hauswand existiert kein solches Graffiti. Sie steht außerdem in München - nicht in Berlin.

Fakten

User auf der Plattform X (vormals Twitter) behaupten, das Tucker-Carlson-Graffiti sei angeblich vor der ukrainischen Botschaft in Deutschland aufgetaucht. Deren Gebäude befindet sich in der Albrechtstraße im Berliner Bezirk Mitte. Doch das kursierende Bild wurde nicht in Berlin aufgenommen.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) konnte das Gebäude mit dem vermeintlichen Graffiti an der Wand lokalisieren: Das Haus steht in München an der Ecke Pfälzer-Wald-Straße/Trifelsstraße im Stadtteil Giesing. Das bestätigt ein Abgleich mit Google Street View. Auf einer Aufnahme vom März 2022 ist an dieser Wand kein Graffiti zu sehen.

In der Pfälzer-Wald-Straße und der Trifelsstraße gibt es keine ukrainische Landesvertretung. In München gibt es zwar ein ukrainisches Generalkonsulat - doch das befindet sich mehrere Kilometer entfernt in der Riedenburger Straße.

Aktuelle Aufnahme beweist: Kein Graffiti an der Hauswand

Das Interview des US-Moderators Carlson mit Wladimir Putin ist erst in der vergangenen Woche veröffentlicht worden. Der QR-Code im Bild führt zu diesem Interview. Es ist auf den 8. Februar 2024 datiert. Das vermeintliche Graffiti mit dem QR-Code kann also erst danach entstanden sein. Ist also, anders als auf Google Street View, aktuell ein Graffiti an der Hauswand in München zu sehen?

Zwei dpa-Reporter haben sich am 12. Februar 2024 vor Ort umgeschaut: Das angebliche Graffiti an der Hauswand existiert nicht. Die Reporter haben ein Foto vom aktuellen Zustand der Hauswand gemacht.

Vor Ort ließen sich auch keine Hinweise auf eine kürzliche Reinigung oder einen neuen Anstrich der Fassade feststellen. So war an der Position, an der sich das Graffiti vermeintlich befindet, noch witterungsbedingter Dreck in den Fugen erkennbar. Wäre die Wand in den vergangenen Tagen gereinigt worden, wäre auch der Dreck entfernt worden.

Erfundene Malerei soll offenbar für Interview werben

Das Tucker-Carlson-Graffiti ist also erfunden, das Bild wurde entsprechend manipuliert. Offenbar soll mit der Graffiti-Manipulation und dem QR-Code weitere Aufmerksamkeit auf das umstrittene Interview gelenkt werden. Der Kreml hat sich zufrieden über das Gespräch und das Echo in der Presse geäußert. Politische Beobachter hatten erwartet, dass Russland das Interview für Propagandazwecke nutzen würde.

Carlson stellte Putins langatmige Ausführungen in dem Gespräch nicht infrage. Er ließ unwidersprochen zu, dass Putin einmal mehr die Schuld für den Angriffskrieg der Nato zuschob. Der Kremlchef lastete erneut ohne Beweise die Sprengung der Nord-Stream-Pipeline den USA an und unterstellte der Bundesregierung, sie vernachlässige die deutschen Interessen zugunsten von Bündnispflichten. Bequem war das Gespräch für den Kremlchef auch, weil er nicht wegen der vielen Opfer in der Ukraine zur Rede gestellt wurde. Er musste auch nicht zu Repressionen gegen die Opposition im eigenen Land Stellung beziehen.

Es ist derweil nicht das erste Mal, dass im Netz gefälschte Graffitis kursieren, die auf anti-ukrainische oder prorussische Narrative anspielen. Bereits Ende Dezember 2023 verbreiteten User in sozialen Medien ein Bild von einer anderen Münchener Hauswand und einem Fake-Graffiti. Unklar ist, an welches Publikum sich die vermeintliche Tucker-Carlson-Wandmalerei richtet: Während sie bisher nur vereinzelt in deutschsprachigen Beiträgen auftaucht, wurde sie zuvor von russischsprachigen Accounts über Telegram verbreitet.

(Stand: 12.2.2024)

Links

Ansicht der Hauswand bei Street View (archiviert)

Standort des Hauses auf Google Maps (archiviert)

Standort Ukrainische Botschaft in Berlin (archiviert)

Ansicht Botschaftsgebäude bei Street View (archiviert)

Über die Vertretungen der Ukraine in Deutschland (archiviert)

Standort des Generalkonsulats in München (archiviert)

Archivierter Ziellink des QR-Codes zum Interview

dpa-Faktencheck zu Fake-Graffiti vom Dezember 2023

Beitrag auf X (archiviert / archiviertes Bild)

Archivierte russischsprachige Telegram-Posts I und II

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