Kein Verbot gefordert

Umweltbundesamt: CO2-Auswirkungen von eigenem Gemüseanbau irrelevant

06.02.2024, 17:22 (CET)

Desinformation rund um die Klimakrise ist nichts Neues: Immer wieder werden zu diesem Zweck etwa wissenschaftliche Studien fehlinterpretiert. Es gilt also genau hinzuschauen.

Die Behauptung lässt aufhorchen: Wissenschaftler warnen angeblich, dass der Anbau von eigenem Gemüse verboten werden muss. Denn er würde eine globale Erderwärmung verursachen. Die Website, auf der das verbreitet wird, stützt sich auf Überschrift und Teaser eines Telegraph-Artikels. Demnach hat eine Studie ergeben, dass der CO2-Fußabdruck von selbst angebauten Lebensmitteln fünfmal größer ist als der in konventioneller Landwirtschaft angebauten. Verantwortlich für den erhöhten CO2-Ausstoß sei die individuelle Garteninfrastruktur. Stimmt das?

Bewertung

Die Autorinnen und Autoren der Studie fordern kein Verbot von eigenem Gemüseanbau. Auch die Behauptung, dass dieser Anbau ihnen zufolge eine globale Erderwärmung verursache, lässt entscheidenden Kontext weg. Richtig ist dagegen, was in Überschrift und Teaser des Telegraph-Artikels steht, der als Screenshot in den Website-Artikel eingebaut ist.

Fakten

In der Studie vergleichen die Autorinnen und Autoren den CO2-Fußabdruck von konventioneller und städtischer Landwirtschaft. Dabei kommen sie unter anderem zu dem Ergebnis, dass der CO2-Fußabdruck von Lebensmitteln aus städtischen Einzelgärten fast fünfmal größer ist als der aus konventioneller Landwirtschaft.

Als Hauptverursacher von CO2-Emissionen der analysierten städtischen Landwirtschaft machen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Infrastruktur aus - etwa Hochbeete, Kompostinfrastruktur und Schuppen. Damit sich die darein investierten Emissionen lohnten, müsse die städtische Landwirtschaft über einen längeren Zeitraum betrieben werden, lautet eine ihrer Empfehlungen.

Sie betonen, dass Schritte notwendig seien, um sicherzustellen, dass städtische Landwirtschaft Bemühungen zur Dekarbonisierung von Städten unterstütze und nicht untergrabe. Doch sie verweisen auch darauf, dass die untersuchten Lebensmittel - also Obst und Gemüse - «nur einen kleinen Teil der gesamten Kohlenstoff-Auswirkungen der Ernährung» ausmachten. Diese würden hauptsächlich durch Fleisch und Milchprodukte verursacht.

Umweltbundesamt: Eigenanbau-Emissionen irrelevant

Ähnlich klingt auch die Einordnung des Umweltbundesamtes. Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Behörde sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Auswirkungen des Anbaus von Gemüse und Obst in Privatgärten auf die CO2-Emissionen in Deutschland seien nicht relevant.

Zwar würde dieser Anbau verglichen mit einem konventionellen in Deutschland mehr Ressourcen und Fläche verbrauchen. «Aber es ist nicht so, dass der Eigenanbau für den Klimawandel verantwortlich wäre und dringend verboten werden sollte», betonte die Ernährungsexpertin. «Und es ist natürlich auch überhaupt nicht relevant verglichen mit Treibhausgasemissionen, die durch den Konsum von tierischen Lebensmittel verursacht werden.»

Wissenschaftler fordern kein Verbot von Eigenanbau

Ein Verbot von städtischer Landwirtschaft, etwa dem Gemüseanbau in städtischen Gärten, haben auch die Autorinnen und Autoren der Studie nicht gefordert. Vielmehr prognostizieren sie dort: «Die urbane Landwirtschaft wird wahrscheinlich eine Schlüsselrolle in den zukünftigen nachhaltigen Städten spielen.»

Um sicherzustellen, dass sie auch dem Klima zugute komme, sei allerdings noch einiges zu tun. In der Studie hätten sie zunächst den CO2-Fußabdruck dokumentiert «und dann untersucht, wie Landwirte und Gärtner in der Stadt ihren CO2-Fußabdruck verringern können», erklärte Autor Jason K. Hawes von der University of Michigan der Deutschen Presse-Agentur.

(Stand: 2.2.2024)

Links

Studie (archiviert)

Telegraph-Artikel

Wahrheitsiegt-Artikel (archiviert)

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