Antisemitisches Narrativ

Fast alle Zentralbanken weltweit sind in Staatsbesitz

24.01.2024, 16:37 (CET)

Wem gehören die Zentralbanken dieser Welt? Um diese Frage ranken sich Verschwörungstheorien. Die Realität ist jedoch eine andere.

Um die Familie Rothschild ranken sich zahlreiche, oft antisemitische Verschwörungstheorien. Jüngst machte in Sozialen Netzwerken mal wieder die Behauptung die Runde, die Rothschilds besäßen «fast jede Zentralbank in der Welt». Stimmt das?

Bewertung

Nein. Mit wenigen Ausnahmen befinden sich die Zentralbanken der Welt vollständig in Staatsbesitz.

Fakten

Zentralbanken haben - im Gegensatz zu profitorientierten Privatbanken - einen gesetzlichen Auftrag: Sie sind üblicherweise für die Geldpolitik und die Ausgabe von Banknoten zuständig. Die allermeisten von ihnen befinden sich komplett in Staatsbesitz. Dazu gehören zum Beispiel die Bundesbank in Deutschland, die Nationalbank in Österreich sowie die Zentralbanken in Frankreich, England oder Spanien.

Das Bundesministerium für Finanzen stellte bereits 2014 auf die Anfrage «Wer ist der Eigentümer der Deutschen Bundesbank?» klar: «Gemäß § 2 Bundesbankgesetz (BBankG) ist die Deutsche Bundesbank eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihr Grundkapital steht dem Bund zu.» Die Deutsche Bundesbank habe keine privatrechtlichen Eigentümer, Anteilseigner oder Aktionäre. Ihr Gewinn werde daher gemäß § 27 BBankG dem Bund zugeführt.

Das zur Bank of England gehörende Blog «Bank Underground» bietet eine Übersicht der Besitzverhältnisse weltweit. Seit dem Zweiten Weltkrieg sank die Zahl der Zentralbanken mit privaten Beteiligungen stetig, heute sind nur wenige übrig. Die Zentralbanken Belgiens, Griechenlands, Japans, San Marinos, der Schweiz, Südafrikas und der Türkei haben demnach gemischte Eigentümermodelle, zu denen auch private Besitzer und Institutionen gehören. Die Zentralbanken der USA und Italiens sind demnach in «privatem» Besitz.

US-Notenbank besteht aus zwölf Reserve Banks

Die 1913 per Gesetz gegründete US-Notenbank betrachtet sich selbst allerdings nicht als eine private Bank. So besteht das Federal Reserve System (Fed) der USA tatsächlich aus zwölf über das gesamte Land verteilten Reserve Banks. Deren Eigentümer sind die in dem jeweiligen Gebiet tätigen Geschäftsbanken. Die Reserve Banks finanzieren sich vor allem aus den Erträgen von Anleihen, verbleibende Gewinne fließen an das Finanzministerium der USA.

Auf ihrer Internetseite weist die US-Notenbank darauf hin, dass die zwölf Reserve Banks keine profitorientierten Banken sind. Vor allem sei das Board of Governors, das vom Präsidenten der USA ernannt und vom Senat bestätigt wird, eine Behörde der US-Bundesregierung. Entscheidungen des Boards und des für die Währungspolitik wichtigen Federal Open Market Committee werden unabhängig getroffen. Regierungsstellen müssen nicht zustimmen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) gehört wiederum den Zentralbanken der Europäischen Union. Auf ihrer Internetseite führt sie aus: «[...] es gibt keine privaten Eigentümer. Dies bedeutet unter anderem, dass wir nicht von privaten finanziellen Interessen beeinflusst werden, die unsere Unabhängigkeit beeinträchtigen könnten.»

Die ursprünglich aus Deutschland stammende Bankiersfamilie Rothschild besitzt oder kontrolliert also keine Zentralbank. Ein Bericht der EU-Kommission von 2021 über Antisemitismus zeigt allerdings, dass über die Familie regelmäßig antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet werden. Zuletzt wurden Behauptungen entkräftet, wonach der Familie eine Insel in der Antarktis gehöre.

(Stand: 23.1.2024)

Links

Behauptung bei Facebook(archiviert)

Aufgaben von Zentralbanken(archiviert)

Hintergründe zur Bundesbank(archiviert)

Hintergründe zur Österreichischen Nationalbank (archiviert)

Anfrage zur Bundesbank von 2014(archiviert)

Blog «Bank Underground» zu Besitzverhältnissen von Zentralbanken(archiviert)

Besitzverhältnisse der Federal Reserve(archiviert)

dpa-Faktencheck zur Familie Rothschild und der Antarktis

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