Gefälschte Nachrichtensendung

Manipuliertes Video verbreitet Werbung im «heute journal»-Design

18.01.2024, 15:29 (CET)

Eine ZDF-Moderatorin berichtet vermeintlich über den Millionengewinn eines Postboten mit einem Online-Spiel und wirbt auch noch dafür. Diesen Bericht hat es aber nie gegeben.

Fernseh-Moderatoren berichten über große Ereignisse in der Welt, aber auch über kleine, kuriose Geschichten in Deutschland. Der überraschende Millionengewinn eines Postboten aus Berlin könnte da auch dabei sein. Das zumindest suggeriert ein Video auf Facebook: Man sieht ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, die augenscheinlich berichtet, dass ein Postbote 19 Millionen Euro bei einem Online-Spiel gewonnen hat und wo man das Spiel herunterladen kann. Aber kann es wirklich sein, dass im «heute journal» für Glücksspiel geworben wird?

Bewertung

Nein, den Bericht hat es so nie gegeben. Er ist offenbar mit Ausschnitten aus dem heute journal und anderen Fernsehberichten sowie mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) erstellt worden, um für Online-Glücksspiel zu werben.

Fakten

In dem Video ist die Moderatorin der ZDF-Magazinsendung «heute journal» in der Kulisse dieser Sendung zu sehen. Sie scheint über einen «glücklichen Postboten aus Berlin» zu berichten, der 19 Millionen Euro über eine Handy-App erhalten habe. Dazu sind hinter ihr Bilder von Postboten und Geldscheinen zu sehen. Dann wird im Vollbild der Postbote «Herrmann» gezeigt, der scheinbar erzählt, wie er sich eine App aus der Werbung heruntergeladen und in seiner Mittagspause gespielt habe. Daraufhin ist wieder Hayalis Stimme zu hören, die erklärt, wie die Zuschauer sich die App herunterladen können.

In den ersten Bildern des Videos fällt auf, dass Hayali recht unscharf ist, das Video hinter ihr aber viel schärfer zu erkennen ist. Das deutet darauf hin, dass die Bilder nicht aus einer Sendung stammen, sondern aus verschiedenen Videos zusammenmontiert wurden. Dass Hayali so unscharf zu sehen ist, könnte einen Grund haben: So ist weniger gut zu erkennen, dass ihre Lippenbewegungen nicht ganz synchron zum Text sind. Sie wirken unnatürlich abgehackt, als seien sie von einer KI erstellt worden, die zudem Hayalis Stimme nutzt.

Auch das, was die Moderatorin sagt, mutet seltsam an: «Herrmann hatte ein spätes Gehalt und kaum genug Geld, um seine Miete zu bezahlen.» Die Formulierung «spätes Gehalt» ergibt keinen Sinn, vermutlich war in dem Kontext ein «spärliches Gehalt» gemeint und die KI hat es falsch umgesetzt. Die gleichen unnatürlichen Mundbewegungen bei Postbote «Herrmann» deuten darauf hin, dass auch sie nachträglich hinzugefügt wurden.

ZDF: Sendung gab es nie

Das sieht auch das ZDF so: Ein Sprecher sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass es sich bei dem Video nicht um einen Beitrag im heute journal handle: «Es ist ein schlecht gemachter Fake mit schlecht programmierter KI, aber dennoch gefährlich.» Auch der weiße Rahmen um das Video im Hintergrund mache erkennbar, dass es sich nicht um eine echte Sendung handle.

Das in dem Video gezeigte Online-Spiel existiert wirklich, wie die Internetseite seines Herstellers zeigt. Dort kann mit echten Geldeinsätzen Glücksspiel betrieben werden. Ob tatsächlich ein Gewinn von 19 Millionen Euro möglich ist und wie viel Zeit und Geld ein Spieler dafür investieren müsste, lässt sich nicht voraussagen.

Im Video ist auch die angebliche «Deutsche Bank App» des vermeintlichen Gewinners zu sehen. Auch hier passt einiges nicht zusammen. Belastungen sind nicht konkret bezeichnet, sondern nur mit Stichworten wie «Transport», «Café» und «Einkaufen». Außerdem fällt auf, dass die Beschriftung zwar auf Deutsch ist, die Zahlen aber einen Punkt statt eines Kommas verwenden, wie es im angloamerikanischen Raum üblich ist. Die echte App der Deutschen Bank nutzt das deutsche Zahlenformat und sieht auch insgesamt anders aus als im Facebookvideo dargestellt, wie ein Erklärvideo des Bankhauses zeigt.

Gepostet wurde das Video von einem Facebook-Account, der seit 2022 existiert, zwei Follower hat und ansonsten keine Beiträge veröffentlicht hat. Die Seite weist sich selbst als «Gaming-Video-Creator» aus, gibt aber im Bereich der Seitentransparenz keine weiteren Informationen an, die auf einen Urheber hinweisen könnten.

Schaut man sich den Video-Post genauer an, gelangt man auf eine Seite des Facebookkonzerns Meta, der das Video als Werbung ausweist. Darin ist unter anderem ersichtlich, dass das Geld, das mit der Werbung verdient werden soll, auf ein Konto in San Sébastian in Spanien geht.

In den Informationen zur Werbeanzeige ist auch ein Link zum iTunes-Store enthalten, über den offenbar die Spiele-App installiert werden soll. Dieser Link führt aber zu einem anderen Online-Spiel, bei dem es sich nicht um ein Glücksspiel mit echten Geldeinsätzen handelt. Was das genaue Ziel der Werbung und der falschen Behauptungen darin ist, lässt sich also nicht feststellen.

(Stand: 18.01.2024)

Links

Facebook-Video (archiviert, Video archiviert)

Internetseite Hersteller Online Game (archiviert)

Erklärseite Deutsche Bank App (archiviert, Video archiviert)

Facebook-Account (archiviert, Seitentransparenz archiviert)

Metaseite zur Werbung (archiviert)

Anderes Online-Spiel (archiviert)

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