Esken äußerte sich anders

Video beweist Fälschung eines Zitats zum AfD-Verbot

16.01.2024, 14:22 (CET)

Häufig werden Politiker-Zitate verfälscht oder sinnentstellt. Manchmal werden sie auch komplett erfunden - wie jetzt im Fall von Saskia Esken.

Über ein mögliches Verbot der AfD, die deutsche Verfassungsschützer in einigen Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch einstufen, wird derzeit heftig diskutiert. Für SPD-Co-Chefin Saskia Esken ist ein Verbotsantrag weiter eine Option. Nun soll sie in einem Interview erklärt haben: Die AfD müsse verboten werden, um die SPD vor einem Verlust an Wählerstimmen zu schützen.

Bewertung

Das angebliche Zitat ist frei erfunden. Ein Video des Esken-Interviews beweist, dass diese Worte dort nicht gefallen sind.

Fakten

In sozialen Netzwerken wird Esken wie folgt zitiert: «Die SPD wird alles dafür tun um die AfD für verfassungsfeindlich zu erklären. Das ist kein Angriff auf die Demokratie, sondern dient dem Schutz der SPD. Wir können nicht zulassen mehr Wählerstimmen an die AfD zu verlieren.» Das soll sie angeblich am 11. Januar in einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv gesagt haben.

Saskia Esken hatte in der n-tv-Sendung «Frühstart» vom 11. Januar tatsächlich ein Interview gegeben. Dort äußerte sie sich auch zur Frage, ob die AfD vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsfeindlich verboten werden sollte. Allerdings hat sie dort nicht gesagt, was ihr in sozialen Netzwerken in den Mund gelegt wird.

Esken verwies auf den Verfassungsschutz

Das Interview ist sowohl auf der n-tv-Webseite als auch über YouTube in voller Länge als Video abrufbar. Der Interviewer fragt Esken zunächst, was sie zu den schlechten Umfragewerte für die deutsche Bundesregierung sage. Sie antwortete darauf, die Ampel müsse «besser regieren» und «geräuschloser zu Kompromissen finden».

Dann geht es um Berichte über ein Treffen von Rechtsradikalen über die Vertreibung von Menschen mit ausländischen Wurzeln. Auf die Frage, ob nun ein Verbotsverfahren gegen die AfD gestartet werden sollte, antwortete Esken (ab 1:51): «Das ist wirklich widerwärtig, was wir gehört haben. Aber es ist natürlich nicht neu, dass diese Haltungen in der AfD auch bestehen. Dass sie auch getragen werden von einer großen Mehrheit auch der Mitglieder dort.»

Die AfD sei «bestens vernetzt mit gefährlichen, auch gewaltbereiten Rechtsextremen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa». Esken fügte hinzu: «Auf diese Netzwerke hinzuweisen, die auch strafzuverfolgen und zu ermitteln, das ist eine Aufgabe unserer wehrhaften Demokratie, unseres Rechtsstaats.»

Auf die Nachfrage des n-tv-Journalisten, ob jetzt nicht der Zeitpunkt für ein AfD-Verbot sei, sagte Esken (ab 2:40): «Diese Nachweise zu führen, ist Aufgabe der Bundes- und Landesämter des Verfassungsschutzes. Das tun die auch. Und deswegen liegt es auch an denen, am Ende deutlich zu machen, wann der Moment gekommen ist. Ich sage aber ganz klar: Das Verbotsverfahren gegen die NPD ist damals gescheitert mit der Begründung, sie sei noch nicht relevant genug, wir sollten nicht so lange warten bis die zu relevant ist.»

Antrag auf NPD-Verbot scheiterte 2017

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 17. Januar 2017 einen Antrag auf Verbot der NPD unter anderem mit der Begründung abgelehnt, es gebe keine «konkreten Anhaltspunkte von Gewicht», die das Erreichen verfassungsfeindlicher Ziele der NPD möglich erscheinen ließen. Deshalb bedürfe es «des präventiven Schutzes der Verfassung durch ein Parteiverbot nicht».

Esken ergänzte, die Enthüllungen über das Treffen von AfD-Politikern und anderen Rechten seien für sie «ein weiteres Argument, um deutlich zu machen: Diese Partei ist vernetzt mit Rechtsradikalen in aller Welt. Und von ihr geht eine große Gefahr ab aus. Wir finanzieren diese Partei mit Abgeordnetenentschädigungen und vielem mehr, Parteienfinanzierung, und drohen damit auch unser eigenes Grab zu schaufeln. Das werden wir nicht zulassen.»

Im weiteren Verlauf des insgesamt etwa sieben Minuten langen Gespräches ging es um die Proteste der Bauern gegen die Politik der Bundesregierung. Zu keinem Zeitpunkt hat Esken also die ihr unterstellten Äußerungen getan.

(Stand: 16.01.2024)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Saskia Esken (archiviert)

Interview bei n-tv (archiviert)

Interview bei YouTube (Video archiviert)

Urteil Bundesverfassungsgericht (archiviert)

Über die NPD (archiviert)

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