Keine künstliche Verknappung

Erdöl regeneriert sich langsamer als es abgebaut wird

11.01.2024, 17:51 (CET)

Endlose Erdölvorkommen – eine Behauptung, die sich hartnäckig hält. Warum sie falsch ist.

Mit Erdöl sind einige Menschen reich geworden. Einer davon war der US-amerikanische Geschäftsmann John Davison Rockefeller. In den sozialen Netzwerken ist zu lesen, dass er auch dafür verantwortlich sei, dass Öl als fossiler Brennstoff bezeichnet wird. Damit habe demnach ein Eindruck von Knappheit erweckt werden sollen, der angeblich gar nicht der Realität entspricht. Denn, so ist zu lesen, Öl sei nach Wasser die zweithäufigste Flüssigkeit auf der Erde und regeneriere sich in der Erde schneller als es jemals abgebaut werden könne. Stimmt das?

Bewertung

Erdöl regeneriert sich weder schnell noch ist es die zweithäufigste Flüssigkeit auf der Erde. Erdöl als Substanz organischen Ursprungs zu bezeichnen, war auch schon zu Rockefellers Zeiten in der Wissenschaft verbreitet und kein Verknappungsinstrument. Der Begriff «fossiler Brennstoff» ist also nicht irreführend.

Fakten

Die Behauptung ist nicht neu, die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat bereits in einem Faktencheck widerlegt, dass die Bezeichnung als fossiler Brennstoff für Erdöl auf Rockefeller zurückgeht. Die Substanz entsteht über Jahrmillionen aus abgestorbenem organischem Material, davon ging einem Buch von 1888 zufolge die Mehrheit der Wissenschaftler auch damals schon aus, ganz ohne Rockefellers Zutun.

Endlichkeit von Erdöl

So regeneriert sich Erdöl zwar, aber nicht schneller als es abgebaut werden könnte: Die heute geförderten Vorkommen sind zum größten Teil vor rund 15 bis 600 Millionen Jahren entstanden. Dass sich Erdöllagerstätten erschöpfen, bestätigte auch Martin Pein, Experte für Geologie der Energierohstoffe an der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), auf dpa-Anfrage.

Das sei auch an zurückgehenden Fördervolumen erkennbar, wie beispielsweise beim Erdölfeld Statfjord in Norwegen, so Pein von der BGR weiter. Zwar werde versucht, die Lebensdauer von Ölfeldern durch verschiedene Methoden zu verlängern. Allerdings sei nach wie vor aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nur ein Teil des vorhandenen Erdöls förderbar.

Gegen eine schnelle Regeneration spricht auch der Anstieg von CO2 in der Atmosphäre. «Für den Aufbau der Erdölvorräte braucht es Kohlenstoff.», erklärte Professor Volker Sieber, Leiter des Lehrstuhls Chemie Biogener Rohstoffe an der Technischen Universität München auf dpa-Anfrage. «Wenn sich also Erdöl schnell regenerieren würde, dann müssten andere Vorkommen von Kohlenstoff und damit vor allem das CO2 sinken.»

Erdöl nicht einmal auf Platz 3

Darüber hinaus sei Erdöl auch nicht die Flüssigkeit, die am zweithäufigsten nach Wasser auf der Erde vorkomme, machte Sieber deutlich. Zunächst müssten zwar eigentlich die Begriffe «Flüssigkeit» und «Erdöl» genauer definiert werden, so der Chemiker. Grob vereinfacht könne man aber sagen, dass die größte Menge der flüssige Erdkern wäre, gefolgt von Wasser.

Da gebe es aber wiederum Unterschiede zwischen verschiedenen Meerwasserflüssigkeiten sowie Süßwasser. Wasser sei nicht gleich Wasser, erläuterte der Chemieprofessor abschließend. Dementsprechend ist Erdöl - bei aller gegebenen Vereinfachung - nicht einmal die dritthäufigste Flüssigkeit auf der Erde.

Und auch danach bliebe es komplexer, wie Pein vom BGR erklärte. Denn chemisch gleiche kein Erdöl dem anderen. Schwer- und Schwerstöl aus Venezuela unterscheide sich zum Beispiel deutlich vom leichten Schieferöl aus den USA.

(Stand: 10.1.2024)

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Facebook-Post (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Erdöl

«Das Erdöl (Petroleum) und seine Verwandten» (archiviert)

Alter der heutigen Erdölvorkommen (archiviert)

Förderhistorie von Statfjord in Norwegen (archiviert)

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