Keine Solidarisierung

Feuerwehrwagen mit Spruch zu Bauernprotesten ist ausgemustert

12.01.2024, 15:50 (CET)

Unterstützen jetzt auch Rettungskräfte die landesweiten Bauernproteste? Ein Bild dazu, das in den sozialen Medien kursiert, ist aus mehreren Gründen kein Beweis dafür.

Viele Menschen in Deutschland haben sich mit der landesweiten Protestwoche der Bauern gegen Sparpläne der Regierung solidarisiert. In dem Zusammenhang kursiert ein Bild auf Facebook das zeigen soll, dass auch die Feuerwehr auf Seiten der Bauern steht. Auf der Rolltür am Heck eines Tanklöschfahrzeugs ist zu lesen «Leute ohne Ahnung wollen uns regieren, deshalb fahren wir demonstrieren. Ampel, nein DANKE!» Ein Video soll zudem beweisen, dass auch die amerikanische Feuerwehr auf deutschen Straßen mit den Bauern demonstriert.

Bewertung

Die Behauptungen sind falsch. Beide Feuerwehrfahrzeuge gibt es zwar. Sie sind aber nicht mehr im Einsatz und gehören mittlerweile Privatpersonen.

Fakten

Der Ausschnitt des Fotos des deutschen Feuerwehrwagens ist so gewählt, dass außer dem Fahrzeug selbst kaum etwas zu erkennen ist. Es steht auf einer Straße und ein kahler Baum lässt darauf schließen, dass es zumindest in der gleichen Jahreszeit aufgenommen wurde, in der die Bauernproteste Anfang Januar stattfanden.

Was zu erkennen ist, sind das Kennzeichen und der Funkrufname des Tanklöschfahrzeugs (TLF). Dass beide nicht zusammenpassen, darauf weisen bereits mehrere Nutzer auf der Social-Media-Plattform X (vormals Twitter) unter Posts mit dem gleichen Bild hin: Das Kennzeichen DL wird in der Stadt Döbeln und dem Landkreis Mittelsachsen in Sachsen verwendet.

Zudem handelt es sich hierbei nicht um ein normales Kennzeichen, sondern ein rotes Kennzeichen, umgangssprachlich als «Händlerkennzeichen» bekannt. Es darf also nicht regulär im Straßenverkehr verwendet werden, sondern zum Beispiel nur für Überführungsfahrten. Es ist also unwahrscheinlich, dass die Feuerwehr für regelmäßige Einsätze nur ein eingeschränktes Kennzeichen nutzt.

Der Kreisfeuerwehrverband Mittelsachsen weist auf dpa-Anfrage zudem darauf hin, dass dem Wagen feuerwehrtechnische Ausrüstung wie eine Feuerwehrleiter im Alubehälter auf der rechten Seite des Daches fehlt. Deshalb vermute man stark, dass es sich hierbei nicht um ein aktives Feuerwehrfahrzeug handelt.

Die Herkunft des Feuerwehrautos

Ein zweiter Hinweis ist der Funkrufname, der auf das Heck aufgedruckt ist: «RHN 4-TLF3000». Demnach stammt das Fahrzeug aus der Stadt Rheine in Nordrhein-Westfalen. Die Stadt teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit, dass das TLF bis März 2023 in einem Löschzug der Feuerwehr Rheine eingesetzt und dann im Sommer 2023 verkauft wurde. Demnach wurde es als Einsatzfahrzeug bei einer Zoll-Auktion versteigert.

Als solches dürfe es aber nur im Brand- und Katastrophenschutz eingesetzt werden. Um das Fahrzeug privat nutzen zu können, müssten unter anderem das Blaulicht und der Funkrufname beseitigt werden, so die Stadt Rheine. Da das offenbar nicht geschehen ist, prüfe die Stadt, ob sie rechtliche Schritte durchführen kann. Darüber hinaus teilte sie mit, ihr sei nicht bekannt, dass ein Fahrzeug der Feuerwehr Rheine mit einer solchen Aufschrift auf der hinteren Tür an einem Bauernprotest beteiligt war.

Auf der Halterung des Kennzeichens ist der Name eines Autohändlers aus Mittelsachsen zu erkennen. Der Autohändler sagte der dpa, der Wagen sei kein aktives Feuerwehrfahrzeug mehr. Man habe alle Hinweise auf die Stadt Rheine entfernt, allerdings nicht gewusst, dass der Funkrufname auch auf die Stadt hinweise.

Der Autohändler gibt an, das Fahrzeug am 8. Januar 2024 - dem Tag eines Bauernprotests in Berlin - für eine Probefahrt einem Kunden übergeben zu haben. Es ist also möglich, dass der Kunde mit dem Fahrzeug an einem Bauernprotest teilgenommen hat. Der Autohändler bestätigte der dpa zudem, dass der Schriftzug gegen die Bundesregierung noch an der Rolltür des Hecks gestanden habe, als das Fahrzeug zurückgegeben wurde. Inzwischen habe er ihn beseitigt. Der Spruch ist also echt, zeigt aber keine Aussage einer deutschen Feuerwehr, sondern die einer Privatperson.

Das amerikanische Feuerwehrauto

Um die These, dass die Feuerwehr sich mit den Bauernprotesten solidarisiere, zu untermauern, hat ein X-User unter dem Foto des deutschen TLF ein Video mit einem weiteren Feuerwehrfahrzeug veröffentlicht. Auf diesem nimmt ein amerikanischer Feuerwehrwagen augenscheinlich an einem Bauernprotest teil. Auch die «Amis» würden nun mit protestieren, so der X-User. Das Fahrzeug allerdings hat ein deutsches Kennzeichen mit dem «H» für Oldtimer. Nach Auskunft der Freiwilligen Feuerwehr Falkensee steht dieses Fahrzeug zwar in einer Halle der Feuerwehr, gehört aber einem Privatmann.

Der Privatmann bestätigte auf dpa-Anfrage, dass er bei einem Bauernprotest am 8. Januar 2024 auf der Straße des 17. Juni in Berlin teilgenommen hat - so wie auch andere Spediteure und Privatleute mit ihren Fahrzeugen. Sein Wagen gehöre aber nicht zur aktiven Feuerwehr. Der Oldtimer, der beim Einsatz nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001 beteiligt gewesen sei, würde gar nicht deutschen Standards entsprechen. Bei dem Protest habe er auch weder Feuerwehr noch Polizei unter den Beteiligten gesehen. Die Behauptung, die amerikanische Feuerwehr habe mitprotestiert, sei daher «an den Haaren herbeigezogen.»

(Stand: 12.01.2024)

Links

Facebook-Post mit Bild (archiviert)

X-Post mit Video (archiviert, Video archiviert)

X-Post mit Foto (archiviert)

ADAC-Artikel zu roten Händlerkennzeichen (archiviert)

Youtube-Video mit Einsatzfahrzeug der Feuerwehr Rheine

Zeit-Artikel zu Bauernprotest in Berlin (archiviert)

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