Kleiner Anteil, große Wirkung

Menschengemachtes CO2 verursacht globalen Temperaturanstieg

08.01.2024, 15:56 (CET)

Zwar ist der menschengemachte CO2-Anteil in der Luft klein. Er hat aber dennoch einen bedeutenden Einfluss auf das Klima der Erde. Auch Deutschlands Anteil ist nicht so gering, wie er scheint.

Deutschland hat in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den Ausstoß vom Kohlendioxid (CO2) zu senken und damit die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Doch sind diese Bemühungen sinnlos, weil der CO2-Anteil in der Luft unbedeutend ist? Das wird in einem Video auf Facebook behauptet. Demnach würde die Luft nur zu 0,04 Prozent aus CO2 bestehen, wovon wiederum nur 4 Prozent auf den Menschen zurückzuführen sind. Deutschland wiederum sei für 1,7 Prozent des weltweiten, menschengemachten CO2-Ausstoßes und somit für nur 0,000027 Prozent der gesamten Emissionen verantwortlich. Doch stimmt die Rechnung und beweist sie wirklich, dass Deutschland kaum zur Erwärmung der Atmosphäre beiträgt?

Bewertung

Die Zahlen sind irreführend. Es ist zwar richtig, dass der Kohlenstoffdioxidanteil in der Luft nur 0,04 Prozent beträgt. Trotzdem ist das Gas der größte Faktor im Klimawandel. Denn während die Natur das selbst produzierte CO2 wieder vollständig absorbiert, sind die menschengemachten Emissionen eine zusätzliche Belastung. Länder wie Deutschland können Einfluss darauf nehmen.

Fakten

Die Atmosphäre der Erde besteht aus Stickstoff, Sauerstoff, Edelgasen und einer Reihe von Spurengasen. Kohlendioxid ist ein solches Spurengas. Aktuelle Messungen zeigen, dass der Anteil tatsächlich bei etwa 0,04 Prozent liegt. Laut der World Meteorological Organisation (WMO) ist der Anteil an CO2 seit der Industrialisierung stetig gestiegen. Lag er Anfang des 19. Jahrhunderts bei knapp 280 ppm (parts per million), sind inzwischen etwa 420 ppm erreicht. Auf eine Million Luftmoleküle kommen also 420 CO2-Moleküle.

CO2-Anteil zwar klein, aber mit großer Wirkung

Doch obwohl der Anteil von CO2 am Gasgemisch in der Atmosphäre gering erscheint, wirkt er sich stark auf das Klima der Erde aus. Denn zum einen ist dieser Wert Expertinnen und Experten zufolge der höchste seit mindestens zwei Millionen Jahren (Download, Seite 6). Zum anderen ist der Anstieg der globalen Erwärmung laut Treibhausgasindex der US-Wetterbehörde NOAA zu rund 80 Prozent auf CO2 zurückzuführen.

Kohlenstoffdioxid ist wichtig für das Leben auf unserer Erde und kommt dementsprechend auch in der Natur vor. Landflächen und Ozeane geben jedes Jahr rund 210 Gigatonnen Kohlenstoff (C) ab, was umgerechnet rund 770 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid entspricht. Der CO2-Ausstoß aufgrund von fossilen Brennstoffen betrug 2021 weltweit knapp 37 Milliarden Tonnen (Download, Seite 5), was einen Anteil von etwa 4,5 Prozent bedeutet.

Allerdings ist diese Rechnung unvollständig. Denn dank des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs unserer Erde wird der CO2-Ausstoß der Natur auch wieder von ihr absorbiert. Marie-Luise Beck, Geschäftsführerin des Deutschen Klima-Konsortiums, erklärte der dpa auf Anfrage: «Die Einlagerungsprozesse von CO2, zum Beispiel durch das Wachsen eines Baumes oder das Verwittern von Gestein, hielten sich in der Vergangenheit mit den Abgabeprozessen, wie durch das Verrotten eines Baumes oder das Atmen der Pflanzen- und Tierwelt, die Waage.»

Natur kann menschengemachtes CO2 nicht komplett kompensieren

In dieses Gleichgewicht habe der Mensch nun eingegriffen, indem er Kohlenstoffreservoire wie Kohle, Öl oder Gas, die vor Jahrmillionen dort abgespeichert wurden, hervorgeholt und verbrannt habe, führte sie weiter aus. Zwar nimmt die Natur sogar mehr Kohlenstoffdioxid auf, als sie ursprünglich selbst produziert hat, dient also als sogenannte CO2-Senke. Doch es werden derzeit eben nicht alle zusätzlich verursachten Emissionen kompensiert.

Bereits jetzt zeigt sich, dass die natürlichen CO2-Senken weniger Kohlenstoffdioxid aufnehmen als noch vor 60 Jahren. Prognosen gehen davon aus, dass sich die Absorptionsprozesse bei weiter steigenden CO2-Emissionen künftig stetig verlangsamen werden (Download, S.27). In der Folge verbleibt also mehr Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre und heizt sie weiter auf.

Das berichtet auch Marie-Luise Beck: «Weil das CO2 zu etwa der Hälfte quasi-ewig in der Atmosphäre verbleibt, haben wir es auch heute noch mit dem CO2 unserer Ururgroßeltern zu tun.» Die Wissenschaft bezeichne das als den kumulativen – also sich anhäufenden – Effekt von Kohlenstoffdioxid.

CO2-Emissionen aus Deutschland wirken sich aus

Auch der Anteil Deutschlands am von Menschen verursachten CO2-Ausstoß ist mit 1,7 Prozent in dem Video annähernd richtig angegeben. Messungen zufolge liegt er bei 1,77 Prozent, was etwa 637 Millionen Tonnen CO2 entspricht. Allerdings ist der Wert gar nicht so gering, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag, stellt auch Marie-Luise Beck klar: «In unserem Land lebt gerade einmal 1 Prozent der Weltbevölkerung.»

So klein ist die Rolle Deutschlands also nicht: Europaweit verursachen wir hierzulande am meisten Treibhausgas-Emissionen, und hinsichtlich Kohlenstoffdioxid belegte Deutschland 2021 im weltweiten Vergleich Platz 7.

Menschengemachter Klimawandel ist wissenschaftlich bewiesen

Das verbreitete Video stammt aus einer Rede des AfD-Landtagsabgeordneten Omid Najafi im niedersächsischen Landtag. Immer wieder zweifeln Mitglieder seiner Partei am menschengemachten Klimawandel. Die AfD-Fraktion im Bundestag forderte kürzlich die Bundesregierung auf, sich von internationalen Abkommen zum Klimaschutz zu lösen, sämtliche Ausgaben in diesem Bereich zu streichen und stattdessen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu ergreifen, «welcher von natürlichen Faktoren dominiert wird». Dies sei angeblich erheblich effektiver und kostengünstiger.

Doch dass die Erderwärmung durch den Menschen und seinen CO2-Ausstoß verursacht wird, ist wissenschaftlich erwiesen. Im August 2021 veröffentlichte der Weltklimarat (IPCC) einen alarmierenden Bericht. Demnach werde sich die Erde bei der derzeitigen Entwicklung bereits gegen 2030 um 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmt haben.

Eine so rasche Erwärmung hat der Globus noch nie erlebt. Die Folgen sind in einigen Erdregionen bereits jetzt spürbar: Extreme Hitze, lange Dürreperioden und Starkregen gehören dazu.

(Stand: 5.1.2024)

Links

Informationen über Omid Najafi (archiviert)

IPCC-Bericht zur Klimaentwicklung (archiviert)

Meldung des Bundestags zu AfD-Forderung (archiviert)

Umweltbundesamt zum menschengemachten Klimawandel (archiviert)

Informationen zu globalen Folgen des Klimawandels (archiviert)

Deutscher CO2-Ausstoß im globalen und europäischen Vergleich (archiviert)

Deutscher CO2-Ausstoß im globalen Ranking (archiviert)

CO2-Ausstoß in Deutschland (archiviert)

Helmholtz-Zentrum zur CO2-Entwicklung (archiviert)

IPCC zum natürlichen Kohlenstoffkreislauf (archiviert)

NASA zu CO2-Senken (archiviert)

IPCC zu zukünftiger CO2-Absorption (archiviert)

Informationen zu AfD-Positionen zum Klimawandel (archiviert)

WMO zur Entwicklung der CO2-Konzentration (archiviert)

«Global Carbon Project» zum Ausstoß von fossilen Brennstoffen (archiviert)

Max-Planck-Gesellschaft zum natürlichen Kohlenstoffkreislauf (archiviert)

NOAA zum CO2-Anstieg (archiviert)

NOAA-Treibhausindex zur globalen Erwärmung (archiviert)

Bestandteile der Atmosphäre (archiviert)

Längeres Tiktok-Video mit Ausschnitt aus Rede (archiviert)

Reel auf Instagram (archiviert)

Reel auf Facebook (archiviert)

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