Angriffe auf Einsatzkräfte

Pistorius sprach Anfang 2023 über Rechtsextreme und Migranten

03.01.2024, 12:46 (CET)

Der Jahreswechsel war ruhiger als ein Jahr zuvor, aber erneut hat es Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben. Hat ein SPD-Politiker diese Taten wirklich dem «rechtsextremen Milieu» zugeschrieben?

Nach Ausschreitungen im Vorjahr und Angriffen auf Rettungskräfte ist es an Silvester 2023 vergleichsweise ruhig geblieben - so die Einschätzung der Behörden etwa in der Hauptstadt Berlin. Doch auch zum Jahreswechsel 2023/2024 gab es Gewalt und verletzte Einsatzkräfte. Vor diesem Hintergrund verbreiten Nutzerinnen und Nutzer in den sozialen Netzwerken eine angebliche Aussage des SPD-Politikers Boris Pistorius «gleich am ersten Tag des neuen Jahres»: Ihm zufolge sollen die Krawalle mit dem «rechtsextremen Milieu» zu tun haben.

Bewertung

Das Zitat ist alt, es stammt aus einem Interview kurz nach Neujahr 2023. In der Passage, als Pistorius über Rechtsextreme sprach, ging es nicht mehr um den zurückliegenden Jahreswechsel, sondern allgemein um Angriffe auf Einsatzkräfte und staatliche Vertreter. Zudem erwähnte er als weitere Gruppe ein «migrantisches Milieu».

Fakten

Dass es sich nicht um ein aktuelles Zitat handelt, kann man schon an den Details des Screenshots erkennen. Pistorius wird darin als niedersächsischer Innenminister vorgestellt. Das ist er aber seit Mitte Januar 2023 nicht mehr, sondern Bundesverteidigungsminister. Er übernahm das Amt der zurückgetretenen SPD-Politikerin Christine Lambrecht.

Der am Neujahrstag 2024 geteilte Screenshot zeigt eine Überschrift der rechten Zeitung «Junge Freiheit». Mit einer Google-Suche lässt sich der vollständige Artikel vom 4. Januar 2023 finden. Die Zeitung gibt Aussagen von Pistorius in einem NDR-Interview einen Tag zuvor wieder.

Dessen genauer Wortlaut zeigt, dass die Überschrift der «Jungen Freiheit» wegen einer Auslassung irreführend ist. Pistorius sagte, wie es auch von der Zeitung im Text ausführlicher zitiert wird, wörtlich: «Wir werden immer öfter in Situationen sein, in denen Polizei Rettungskräfte schützen muss. Das ist dramatisch, das ist sehr ernst zu nehmen, um es deutlich zu sagen, aber ich sage es noch mal: Es ist eine Debatte, die wir in der Gesellschaft ehrlich und offen führen müssen. Was passiert hier eigentlich, wenn es einerseits überwiegend, fast ausschließlich junge Männer sind und zum Teil aus rechtsextremem Milieu, aber auch aus migrantischem Milieu? Dann haben wir hier eine Entwicklung, die höchst bedenklich ist.» Er sprach also nicht nur über Rechtsextreme, sondern auch über Migranten.

Es ging zu diesem Zeitpunkt im Interview nicht mehr nur um Angriffe an Silvester, sondern allgemein um Angriffe auf staatliche Vertreter. Das geht bereits aus der vorhergehenden Frage der NDR-Journalistin hervor. Sie sagte eingangs: «Es ist ja auch kein reines Silvester-Problem.» Noch vor Pistorius beschrieb sie als Täter junge Männer, «oft mit Migrationshintergrund, woanders auch verstärkt aus dem rechtsextremen Milieu».

(Stand: 03.01.2024)

Links

dpa-Bericht zum Jahreswechsel 2023/2024 (archiviert)

dpa-Bericht über Pistorius' Wechsel nach Berlin (archiviert)

Bericht der «Jungen Freiheit» (4.1.2023) (archiviert)

NDR-Interview mit Pistorius (3.1.2023) (archiviert; Audio-Download archiviert)

Beitrag auf Facebook (archiviert)

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