Foto nachträglich bearbeitet

Anti-Ukraine-Graffiti war nie an Münchner Hauswand zu sehen

27.12.2023, 12:50 (CET), letztes Update: 28.12.2023, 12:37 (CET)

Graffiti und Wandmalereien sollen häufig Botschaften vermitteln. So auch ein Bild, das angeblich an einem Haus in München prangt. Doch wer hinfährt, blickt auf eine leere Wand.

Eine hellgraue Hauswand mit einem bunten Graffiti: Ein Mann in T-Shirt und orangefarbener Latzhose entfernt mit einem Reinigungsgerät eine blau-gelbe Flagge der Ukraine. Ein «unbekannter Künstler in Deutschland» habe mit diesem Bild die «Stimmung in der europäischen Gesellschaft» eingefangen, verbreiten Internetnutzer zu dieser Szene. Könnte sein, sieht auf den ersten Blick echt aus - und ist doch eine Fälschung.

Bewertung

Dieses Graffiti von dem Mann, der das Graffiti einer ukrainischen Flagge entfernt, hat es in Wirklichkeit nie gegeben. Die Wand des fraglichen Hauses in München ist seit Jahren einfarbig hellgrau.

Fakten

Das Haus mit dem angeblichen Graffiti an der Wand lässt sich im Münchner Stadtteil Berg am Laim verorten. Ein dpa-Reporter fuhr dorthin und stellte fest, dass kein Bild auf die Mauer gesprüht war.

Auf den verbreiteten Bildern im Internet ist ein Schild mit der Hausnummer 14 und der Aufschrift «Halserspitzstr.» erkennbar. Wer eine Halserspitzstraße 14 bei Google Maps sucht, findet weltweit nur eine einzige solche Adresse. Die Aufnahmen von Google Street View von der Straße in München stimmen in allen wesentlichen Details mit dem Bild in sozialen Netzwerken überein.

Nur der Mann mit dem Reinigungsgerät fehlt, ebenso wie eine gemalte Flagge in den ukrainischen Farben. Wurden sie also erst kürzlich, nach den Street-View-Aufnahmen vom Juni 2022, auf die Wand gesprüht? Nein. Ein dpa-Reporter fuhr am zweiten Weihnachtsfeiertag zu der Adresse in Berg am Laim und fotografierte eine einfarbig hellgraue Wand - siehe das Foto über diesem Faktencheck.

Eine Anwohnerin versicherte, dass es an der Stelle nie ein entsprechendes Graffiti gegeben habe. Die Wand sei auch nicht frisch gestrichen worden. Der letzte neue Anstrich sei drei bis vier Jahre her, sagte die Frau, die Mitglied der Eigentümergemeinschaft ist.

Woher stammt die Fälschung?

Bevor das manipulierte Bild mit der angeblichen Wandmalerei in deutscher Sprache auftauchte, haben es bereits russischsprachige Accounts auf Internet-Plattformen wie Telegram und Facebook verbreitet. Das passt zu der verbreiteten Botschaft einer angeblich nachlassenden europäischen Unterstützung für die Ukraine.

In der jüngsten Eurobarometer-Umfrage hat jedoch eine große Mehrheit der 26 514 befragten EU-Bürgerinnen und -Bürgern ihre Solidarität mit der Ukraine bekräftigt. Auch die Behauptung, das virtuelle Graffiti gebe «die Stimmung in der europäischen Gesellschaft treffend» wieder, ist also falsch.

Gefälschte Berichte über Graffiti mit anti-ukrainischen Aussagen sind übrigens nichts Neues. Der dpa-Faktencheck hat ähnliche Manipulationen in den sozialen Netzwerken schon früher in verschiedenen Sprachen entlarvt.

(Stand 27.12.2023)

X-Post I und II (archiviert I und II)

Russischsprachiger Telegram-Post (archiviert)

Russischsprachiger Facebook-Post (archiviert)

Halserspitzstraße auf Google Maps (archiviert)

Mitteilung zu Eurobarometer-Umfrage (archiviert)

Ergebnisse der Eurobarometer-Umfrage (archiviert)

dpa-Faktenchecks I, II

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