Empörung über virales Video

Aussage von Ricarda Lang wurde aus dem Kontext gerissen

24.11.2023, 18:18 (CET)

Die Co-Bundesvorsitzende der Grünen ist im Netz regelmäßig das Ziel von Desinformationen. User verbreiten nun einen Clip mit einer Aussage der Politikerin. Doch es fehlt wichtiger Kontext.

Social-Media-Nutzer reagieren wütend: Kommentare wie «Das grüne Unkraut schlägt wieder zu» oder «So eine Aussage ist ne Schweinerei, so ein dreckschwein» (Schreibweisen im Original) lassen sich unter einem viralen Video von Ricarda Lang finden. In dem Clip ist eine vermeintliche Aussage der Grünen-Politikerin zu hören. Sie sagt: «Hauptsache, wir kommen die nächsten zweieinhalb Jahre noch gut durch. Ob die Leute danach auf riesigen Kosten sitzen gelassen werden, das ist uns eigentlich egal.» Hat Lang das wirklich gesagt?

Bewertung

Die Aussage wurde aus dem Zusammenhang gerissen: Bei einer Pressekonferenz sprach Ricarda Lang im Mai unter anderem über die Wärmewende. Diesbezüglich sagte sie, dass für sie verantwortungsvolle Politik mit vorausschauendem Handeln einhergehe - nicht mit dem Prinzip «Nach mir die Sintflut». Um das zu verdeutlichen, folgte anschließend die Aussage, die in dem Video zu hören ist.

Fakten

Der verbreitete Clip stammt aus einem Mitschnitt des Senders Phoenix. Die Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang hatte sich am 8. Mai 2023 in einer Pressekonferenz zu aktuellen politischen Themen geäußert. Der Sender hat die Aufzeichnung bei Youtube hochgeladen.

Nachdem Lang zu Beginn zunächst auf das besondere Datum eingeht - der 8. Mai ist der Tag der Befreiung vom deutschen NS-Regime -, spricht sie später über andere Themen. Etwa ab Minute 03:40 geht es um die Wärmewende. Dabei geht Lang auf die Frage ein, ob die Bundesregierung beim inzwischen verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz(GEG) zu schnell vorgehe.

Aussage sollte Prinzip «Nach mir die Sintflut» verdeutlichen

Sie erwähnt entsprechende Kritik und entgegnet, dass die Alternative wäre, nichts zu tun. Das würde allerdings die Ausweitung des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS) ab 2027 auf den Gebäudesektor aus dem Blick lassen. Auf die Menschen würden dann in Zukunft hohe Kosten zukommen. «Das hat für mich wenig mit verantwortungsvoller Politik zu tun», sagt die Grünen-Politikerin.

Darauf geht Lang anschließend genauer ein (bei Minute 04:38), dabei fällt auch die Aussage aus dem Video. Im Wortlaut sagt sie: «Verantwortungsvolle Politik heißt auch, Entscheidungen zu treffen, um vorausschauend zu handeln. Also für die Zukunft vorzusorgen und eben nicht nach dem Prinzip "Nach mir die Sintflut" zu verfahren: "Hauptsache, wir kommen die nächsten zweieinhalb Jahre noch gut durch. Ob die Leute danach auf riesigen Kosten sitzen gelassen werden, das ist uns eigentlich egal." Deshalb gehen wir jetzt die Wärmewende an».

Die Aussage der Grünen-Politikerin ist also echt und sollte ihre Ansicht zu einer Politik nach dem Prinzip «Nach mir die Sintflut» verdeutlichen. Dieser Zusammenhang wird allerdings in dem verbreiteten Clip nicht deutlich, er ist irreführend.

Schwarz-Weiß-Clip stammt aus rbb-Abendschau vom 1965

Hinter der aus dem Kontext gerissenen Aussage ist derweil in dem verbreiteten Video noch ein Schwarz-Weiß-Clip zu sehen. Die Äußerungen des Mannes sollen - offenbar satirisch - die Worte der Grünen-Politikerin kommentieren. Ursprünglich stammt der Ausschnitt aus einem Beitrag in einer alten Berliner Abendschau von 1965 zum Thema «Gammler an der Gedächtniskirche».

(Stand: 24.11.2023)

Links

Parteipressekonferenz vom 8. Mai 2023 bei Phoenix (archiviert)

Über den 8. Mai (archiviert)

Bundesregierung zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) (archiviert)

NDR-Bericht zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) (archiviert)

UBA über EU-Emissionshandel (archiviert)

BMWK zur Ausweitung des EU-Emissionshandels (archiviert)

rbb-Abendschau von 1965 (archiviert / archiviertes Video)

Instagram-Post (archiviert / archiviertes Video)

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