Polizei warnte schon 2016

Gruselstory über vergiftete CDs ist falsch

19.10.2023, 16:50 (CEST)

Weihnachten rückt näher. Der Adventsschmuck wird aus seiner Schachtel geholt. Und eine Jahre alte Falschnachricht zu angeblicher Weihnachtsmusik soll wieder Ängste schüren.

«Klassische Weihnachtsmusik mit einer Geschichte» verspricht ein hellbrauner Umschlag, der angeblich derzeit «in Briefkästen verteilt» wird. Mit «Vorsicht!!!!!» und «Achtung» warnen Nutzer sozialer Netzwerke vor dem vermeintlichen Inhalt: In dem Kuvert stecke «eine CD mit Liedern und Aussagen aus dem Koran», die mit einer gesundheitsschädlichen Substanz bearbeitet sei. Die Story kommt Ihnen bekannt vor? Gut möglich, denn sie ist alt - und falsch.

Bewertung

An der vermeintlichen Gefahr ist nichts dran. Die Polizei hat das längst dementiert. Nichts deutet darauf hin, dass solche CDs mit chemischen Substanzen wirklich einmal verteilt wurden.

Fakten

Schon im Jahr 2016 berichteten mehrere Medien über dieses Gerücht, das sich vor allem über WhatsApp und Facebook verbreitete. Den Beiträgen in sozialen Netzwerken zufolge würden die CDs mit Koran-Inhalten mit giftigen Substanzen beschmiert und in Briefkästen gelegt. Dies soll unter anderem in Oberbayern passiert sein.

Die dortige Polizei dementierte schon damals in Medien und auf Facebook, dass es zu solchen Vorfällen gekommen sei. In einem im Dezember 2016 vom «Merkur» veröffentlichten Interview bezeichnete ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd die Behauptungen als «Hoax-Meldung, also eine Falschmeldung».

Weder das Landeskriminalamt noch die Kriminalpolizei im genannten Ort Weilheim hatte dem Polizeisprecher zufolge bestätigt, dass es zu solchen Ereignissen gekommen sei. Niemand habe damals mit einer entsprechenden Vergiftung im Krankenhaus gelegen.

Auf Anfrage der dpa bestätigte Polizeihauptkommissar Stefan Sonntag vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd jüngst, dass auch aktuell niemand in Weilheim aufgrund eines derartigen Vorfalls im Krankenhaus liege. Es handle sich um eine «Falschmeldung», die schon im Jahr 2016 verbreitet worden sei. Die Polizei bittet, diese Falschmeldungen unkommentiert zu löschen und keinesfalls weiter zu verbreiten.

Das Bild aus den aktuellen Beiträgen zeigt ein braunes Kuvert mit dem Absender «Menschen für Menschen» und wird gemeinsam mit der alten Falschbehauptung geteilt. Zu den geteilten Bildern hat dpa schon im Jahr 2019 einen Faktencheck veröffentlicht, der auf die Polizei und auf ein Dementi der betroffenen Stiftung verwies.

Bereits 2015 habe eine ähnliche Falschbehauptung Muslime in Schwaben verunsichert, berichtete die «Augsburger Allgemeine» damals. Dort kursierte das Gerücht, dass in ihre Briefkästen CDs mit tödlichen Giftstoffen geworfen würden.

(Stand: 19.10.2023)

Links

Posting auf Facebook I und II (archiviert I und II)

Bericht im «Merkur» von 2016 (archiviert)

Bericht von «Rosenheim 24» (archiviert)

Homepage Weilheim in Oberbayern (archiviert)

Facebook-Dementi der Polizei (archiviert)

Beitrag der Bayernwelle (archiviert)

Interview im «Merkur» (archiviert)

dpa-Faktencheck von 2019

Archivierte Meldung der Stiftung «Menschen für Menschen»

Bericht in der «Augsburger Allgemeinen» (archiviert)

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