Keine Hamas-Erwähnung

UN-Menschenrechtsrat hielt zwei Schweigeminuten für Opfer in Nahost ab

11.10.2023, 16:07 (CEST), letztes Update: 16.10.2023, 10:19 (CEST)

Im Netz werden schwere Vorwürfe gegen deutsche UN-Vertreter erhoben. Angeblich hätten sie getöteter Hamas-Terroristen gedacht. Doch das ist falsch - und blendet eine zweite Schweigeminute aus.

In den sozialen Netzwerken und in Online-Artikeln wird angesichts des Hamas-Terrors gegen Israel und der israelischen Reaktion darauf eine Begebenheit aus dem UN-Menschenrechtsrat zum Thema gemacht. Es geht um eine Schweigeminute, angeblich «nicht etwa für die ermordeten Juden, sondern für die getöteten Hamas-Terroristen». Ein Journalist empört sich im sozialen Netzwerk X, dass eine deutsche Vertreterin sich daran beteiligt habe. Auch in einem Artikel heißt es, Deutschland gedenke «der getöteten Hamas-Terroristen». Was ist in dem UN-Gremium geschehen?

Bewertung

Es hat im UN-Menschenrechtsrat am Montag mehrere Schweigeminuten gegeben. Zunächst wurde der Opfer des Hamas-Terrors gedacht. Auf Wunsch eines pakistanischen Vertreters wurde später, seiner Formulierung nach, «getöteter Unschuldiger» in den Palästinensergebieten gedacht. Von getöteten Terroristen der radikalislamischen Hamas war jedoch nicht die Rede. Deutsche Vertreter beteiligten sich an beiden Schweigeminuten. In einem Wortbeitrag verurteilte eine deutsche Diplomatin zudem den «Terrorangriff der Hamas auf Israel».

Fakten

Das X-Posting und der Nachrichtenartikel unterschlagen, dass es am Montag, den 9. Oktober 2023 zum Konflikt im Nahen Osten zwei Schweigeminuten des in Genf tagenden UN-Gremiums gab:

  • Zu Beginn der Sitzung beantragten die USA eine Schweigeminute für «getötete Unschuldige in Israel und Gaza infolge des Angriffs der Hamas». Ein kurzes Video davon veröffentlichte das Gremium auf X. Die Szene findet sich aber auch im Mitschnitt der Sitzung auf der Website der UN (ab 00:20). In diesem Video ist zu sehen, dass die Vertreter Deutschlands stehend an der Schweigeminute teilnehmen.
  • In derselben Sitzung beantragte der Vertreter Pakistans später am Tag eine weitere Schweigeminute mit Bezug zum Nahen Osten. Er bezog sich dabei aber auf die «besetzten palästinensischen Gebiete und anderswo» und «getötete Unschuldige, darunter Frauen, Kinder und Alte». Er sprach auch von einem «Anlass, an die Opfer der ausländischen Besatzung in den besetzten palästinensischen Gebiete zu erinnern». Über israelische Opfer des jüngsten Terrorangriffs der Hamas sprach er nicht. Er bezog sich mit seiner Bitte nach einer Schweigeminute aber auch nicht explizit auf Angehörige der Hamas. Vom Statement des pakistanischen Vertreters gibt es ebenfalls ein Video auf X und einen Mitschnitt auf der UN-Website (ab 01:51). Beide zeigen, dass sich eine deutsche Vertreterin an der Schweigeminute beteiligte, jedoch eine andere Diplomatin als bei der ersten Schweigeminute.

Eine der deutschen Vertreterinnen gab in der Sitzung zudem ein Statement zum «Terrorangriff der Hamas auf Israel» ab. Man verurteile den Angriff und rufe die Hamas auf, die Kämpfe einzustellen und die israelischen Geiseln freizulassen. Deutschland stehe in voller Solidarität zu Israel, das sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnehme, so die Diplomatin. Das Statement findet sich im vollen Mitschnitt der Sitzung auf der UN-Website (ab 1:31:05).

(Stand: 10.10.2023)

Berichtigung

Im dritten Absatz des Faktenteils wurde eine Zeitangabe berichtigt. Das Statement des Vertreters Pakistans beginnt im Video bei Minute 1:51.

Links

UN-Mitschnitt des ersten Teils der Sitzung (archiviert)

UN-Mitschnitt des zweiten Teils (archiviert)

Video von erster Schweigeminute auf X (archiviert; Video archiviert)

Video von zweiter Schweigeminute auf X (archiviert; Video archiviert)

Beitrag auf X (archiviert)

Nachrichtenartikel (archiviert)

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