Keine Zulassung

FDA rät weiterhin von der Verwendung von Ivermectin bei Covid-19 ab

28.09.2023, 08:45 (CEST)

Berichte über eine Zulassung des Wurmmittels Ivermectin als Covid-Medikament sind reine Erfindung. Wissenschaftliche Studien haben längst gezeigt, dass es nicht gegen die Infektionskrankheit hilft.

Das Wurmmittel Ivermectin hilft nachweislich nicht gegen Covid-19. Trotzdem halten sich Behauptungen über das Gegenteil hartnäckig. «Die offizielle Zulassung von Ivermectin als Mittel gegen Corona», heißt es etwa in einem Beitrag auf Facebook, «Die FDA, immerhin Zulassungsbehörde in den USA und in fester Hand von Big Pharma, hat das Mittel nun zugelassen.» Was steckt hinter der Behauptung?

Bewertung

Falsch. Die FDA empfiehlt weiterhin, Ivermectin bei Covid-19 nicht zu verwenden. Es gibt keine neue Zulassung. Ursprung der Falschmeldung ist eine fehlinterpretierte Gerichtsentscheidung.

Fakten

Eine derartige Entscheidung der US-amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) ist nicht auffindbar. Stattdessen finden sich auf der Webseite weiterhin mehrere Erwähnungen, dass Ivermectin nicht von der FDA als Mittel gegen Covid-19 zugelassen ist.

In den vergangenen Jahren wurde viel über die mögliche Behandlung und Prävention von Covid-19 mit Ivermectin geforscht. Das amerikanische nationale Gesundheitsinstitut (NIH) hat sich die Schlussfolgerungen zahlreicher Studien angesehen und diese zusammengefasst. Ein klinischer Nutzen der Anwendung von Ivermectin bei Covid-Patienten wurde nicht nachgewiesen. Das NIH rät daher von der Verwendung von Ivermectin bei der Behandlung von Covid-19 ab.

Auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) rät aufgrund zahlreicher Studien vom Einsatz von Ivermectin bei der Behandlung von Covid-19 ab. Wie in den USA ist Ivermectin auch in der EU nur zur Anwendung gegen bestimmte parasitäre Wurminfektionen und Hauterkrankungen beim Menschen zugelassen. Darüber hinaus ist es hauptsächlich für den veterinärmedizinischen Gebrauch zugelassen, also bei Tieren.

Die Falschmeldung zur vermeintlichen Ivermectin-Zulassung geht wohl auf eine fehlinterpretierte Gerichtsentscheidung zurück. In einem Blogbeitrag, der in kursierenden Facebook-Posts verlinkt wird, wird auf eine entsprechende Auseinandersetzung vor einem Gericht in den USA verwiesen. Dabei geht es um eine Entscheidung des Berufungsgerichts der Vereinigten Staaten für den 5. Bezirk. Dort wurde tatsächlich am 1. September 2023 in einem Fall im Zusammenhang mit Ivermectin entschieden.

Drei Ärzte hatten im Juni 2022 Klage gegen die FDA eingereicht. Ihrer Ansicht nach hatte die FDA mit einer Social-Media-Kampagne, in der sie von der Verwendung von Ivermectin beim Menschen gegen Covid-19 abraten, ihre Grenzen überschritten. Die FDA habe damit in ihre medizinische Praxis eingegriffen, sagten die Ärzte.

Zwei der drei Ärzte hatten zusammen mehr als 9000 Covid-Patienten Ivermectin verschrieben. Der Dritte hatte einen Behandlungsplan gegen Covid-19 entwickelt, der auch Ivermectin umfasste. Sie weisen darauf hin, dass die Kampagne der FDA gegen Ivermectin sie in Schwierigkeiten gebracht habe. Sie seien von den Krankenhäusern und medizinischen Ausbildungseinrichtungen, für die sie arbeiteten, bestraft oder sogar zum Rücktritt gezwungen worden.

Im Dezember 2022 hatte ein untergeordnetes Gericht die Klage der Ärzte gegen die FDA mit der Begründung abgewiesen, dass die FDA als Regierungsbehörde souveräne Immunität genießen würde, also nicht verklagt werden könne. Die Ärzte legten daraufhin Berufung ein.

Am 1. September 2023 hob das Berufungsgericht des 5. Bezirks die frühere Abweisung ihres Falls auf. Die Richter weisen darauf hin, dass die FDA in ihrer Abschreckungskampagne Ivermectin als Arzneimittel für Tiere stark hervorgehoben habe. In Beiträgen der FDA in den sozialen Medien heißt es etwa: «Sie sind kein Pferd. Hören Sie auf, Ivermectin einzunehmen. Es ist nicht zur Behandlung von Covid zugelassen.»

Dem Gericht zufolge habe die FDA unterlassen zu erwähnen, dass es tatsächlich Ivermectin für die Anwendung am Menschen auf dem Markt gibt, etwa gegen bestimmte Parasiten oder als Salbe gegen die Hautkrankheit Rosazea. Allerdings ist auch diese Version für Menschen von der FDA nicht für den Einsatz gegen Covid-19 zugelassen. Das Medikament kann jedoch «off-label» verschrieben werden. Das heißt, es wird von Ärzten bedingt für andere Zwecke verschrieben als die, für die es von der FDA zugelassen wurde.

Die Richter urteilten (S.24 unter Punkt V): «Die FDA ist kein Arzt. Sie hat die Befugnis zu informieren, anzukündigen und zu benachrichtigen - aber nicht zu unterstützen, zu verurteilen oder zu beraten.» Die Behörde dürfe also aus Sicht des Gerichts über die reine Information hinaus nicht ein bestimmtes befürworten oder verurteilen. Die klagenden Ärzte hätten plausibel argumentiert, dass die FDA die Grenze ihrer Befugnisse überschritten hätte. Deshalb müsse sich das Bezirksgericht aus der ersten Instanz erneut mit dem Fall befassen.

Dieses Berufungsurteil bedeutet also nicht, dass Ivermectin nun von Richtern als sicher oder wirksam gegen Covid-19 angesehen wird. Der Fall wird lediglich zur erneuten Prüfung an die Vorinstanz zurückverwiesen, um zu klären, ob die FDA ihre Befugnisse überschritten hat.

Seit der Pandemie kursieren im Internet viele Fehlinformationen über Ivermectin und seine angebliche Wirkung gegen Covid-19. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat Fehlinformationen hierzu bereits entlarvt, etwa hier und hier.

(Stand: 27.9.2023)

Links

Erwähnung der Unwirksamkeit von Ivermectin gegen Covid-19 auf FDA-Webseite (archiviert)

Erwähnung der Unwirksamkeit von Ivermectin gegen Covid-19 auf FDA-Webseite (archiviert)

NIH-Übersicht zu Ivermectin (archiviert)

NIH-Gutachten zu Ivermectin (archiviert)

Ema-Mitteilung zu Ivermectin (archiviert)

Gerichtsentscheidung des Berufungsgerichts vom 1. September 2023 (archiviert)

Anklageschrift von 2. Juni 2022 (archiviert)

Bericht über Argumentation der klagenden Ärzte (archiviert)

Entscheidung über Ablehnung des Falls am 6. Dezember 2022 (archiviert)

Erklärung souveräne Immunität (archiviert)

FDA-Informationskampagne (archiviert)

Weiterer Beitrag der FDA-Informationskampagne (archiviert)

Erklärung zu «off-label» Verwendung (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Falschmeldung über Ivermectin

Weiterer dpa-Faktencheck zu Falschmeldung über Ivermectin

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

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