Finanzierung ebenfalls unklar

Methodik von PrognosUmfragen ist undurchsichtig

18.09.2023, 16:40 (CEST), letztes Update: 18.09.2023, 16:43 (CEST)

Am 8. Oktober stehen Wahlen in zwei Bundesländern an. Dazu werden regelmäßig Wahlprognosen veröffentlicht - zum Beispiel von PrognosUmfragen. Doch wie sie zu den Werten kommen, ist nicht transparent.

Projektionen sind in der Wahlforschung keine reinen Umfrageergebnisse. In die Projektion fließen noch andere Faktoren als die reinen Antworten der Befragten ein, zum Beispiel langfristige politische Einstellungen. Solche Projektionen veröffentlicht der Account PrognosUmfragen auf X, vormals Twitter. Immer wieder teilen Politiker, zuletzt der bayerische Wirtschaftsminister, Hubert Aiwanger, Beiträge von PrognosUmfragen. Das Profil hat knapp 3200 Follower (Stand: 11.09.2023). Beiträge, die von Accounts mit großer Followerschaft wie von Aiwanger geteilt wurden, hatten teilweise eine Reichweite von über 18 000 Benutzern.

Bewertung

Bei den Ergebnissen, die der Account PrognosUmfragen veröffentlicht, wird die Methodik hinter den Projektionen nicht transparent gemacht. Ebenso wenig, wer hinter dem Account steht und wie er sich finanziert. Dieses Vorgehen entspricht nicht den Transparenz-Standards in der Meinungsforschungsbranche.

Fakten

Diese Standards legt der Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung in einem Statement zu PrognosUmfragen dar. Demnach müssen bei Umfragen Angaben zur Stichprobengröße, Methode, angewandtes Erhebungsverfahren, Untersuchungszeitraum et cetera veröffentlicht werden. All dies macht PrognosUmfragen nicht. Daher fordert der Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung den Account auf, sich an den Branchenkodex zu halten und «derart unseriöse "Umfragezahlen" nicht weiterzuverbreiten».

Wer hinter dem Account steht, ist unklar. Auf Nachfrage der dpa via X wollte sich der Betreiber dazu nicht äußern. Laut eigenen Angaben beschäftigt er oder sie jedoch mehrere Mitarbeiter, die mindestens Masterabschlüsse im sozialwissenschaftlichen Bereich haben.

Doch wie soll ein Account auf X, der nur dort aufwändige Projektionen veröffentlicht, mehrere Mitarbeiter finanzieren? Laut eigenen Angaben erhält PrognosUmfragen keine öffentlichen Fördergelder, die Finanzierung stützt sich auf «inländische Quellen». Angaben, wie genau diese Finanzierung und das Geschäftsmodell aussehen, machte der Betreiber des Profils nicht.

Nach Angaben des Account-Inhabers befindet sich der Hauptsitz von PrognosUmfragen in Baden-Württemberg. Ein Eintrag, der diese Angabe bestätigen würde, findet sich im Handelsregister jedoch nicht.

Aktiv ist der Account schon seit 2011, seitdem veröffentlichte er über 2700 Beiträge. Außerdem ist er immer wieder Gegenstand von Berichterstattung, da die Projektionen häufig von Politikern geteilt werden. Auch die dpa veröffentlichte schon 2019 einen Faktencheck.

(Stand: 18.9.2023)

Links

bpb über Demoskopie (archiviert)

PrognosUmfragen bei X (archiviert)

von Hubert Aiwanger geteilter Tweet(archiviert)

Statement des Rats der Deutschen Markt- und Sozialforschung (archiviert)

Faktencheck 2019 (archiviert)

Handelsregister(archiviert)

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