Abtreibung und Todesstrafe

Anti-AfD-Grafik enthält teilweise unbelegte Informationen

14.09.2023, 10:05 (CEST)

Seit ihrem Umfragehoch im Sommer 2023 steht die AfD besonders im Fokus. Im Netz wird vor den Zielen der Partei gewarnt. Doch nicht alle Behauptungen über angebliche Forderungen der AfD sind belegt.

Im Zuge der anstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen am 8. Oktober 2023 kursieren in den sozialen Netzwerken Bilder und Grafiken, die vor der Wahl der AfD warnen sollen. Ein Bild, das immer wieder verbreitet wird, wurde laut dem Stempel auf dem Bild bereits 2016 von dem Münchner Musiker Willy Michl, dem «Isarindian», erstellt. Auf dem Bild sind diverse angebliche Positionen der Partei aufgelistet, deren Umsetzung «wer AfD wählt» erwarten könne - zum Beispiel Todesstrafe, Grenzkontrollen und Abschaffung des Euro.

Bewertung

Nicht alle der angeblichen AfD-Positionen finden sich in öffentlich bekannten Programmen der Partei wieder.

Fakten

Zu Beginn des Textes wird behauptet, dass die AfD keine «Partei des kleinen Mannes» sei. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wird die AfD zwar überdurchschnittlich oft von Menschen gewählt, deren Einkommen und Bildung eher gering bis mittelhoch ist. Für diese Gruppen hätte die Umsetzung des Programmes der AfD laut DIW jedoch eher negative Auswirkungen - insbesondere, wenn es um Steuerpolitik geht. So lehnt die AfD beispielsweise Erbschafts- und Vermögenssteuer ab und möchte bei den Sozialausgaben sparen.

Auch andere Aussagen aus dem Text sind belegt. So ist es laut AfD-Grundsatzprogramm tatsächlich eine Forderung der Partei, Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen durchzuführen. Ebenfalls zutreffend ist es, dass die AfD den Austritt Deutschlands aus dem Euro und die Wiedereinführung einer nationalen Währung fordert.

Einführung der Todesstrafe nicht möglich

Andere Positionen auf dem Bild hingegen sind nicht offizielle Parteilinie, die die AfD in Programmen veröffentlicht hat. So findet sich für die Behauptung, wer AfD wählt, könne die Einführung der Todesstrafe erwarten, weder im aktuellen noch im Grundsatzprogramm von 2016 ein Beleg.

Diese ist auch unvereinbar mit dem unveränderbaren Kern des Grundgesetzes. Dort heißt es in Artikel 2: «Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.» Der AfD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatsanwalt Thomas Seitz äußerte dennoch 2018 in einem Tweet, dass eine Änderung von Artikel 102 des Grundgesetzes in bestimmten Fällen «kein Tabu» sein sollte - dieser lautet: «Die Todesstrafe ist abgeschafft.»

Gefängnisstrafen für Homosexuelle

Ebenfalls nicht belegt ist die Behauptung, die AfD würde den Paragrafen 175 wieder einführen wollen. Der Paragraf 175 ist als «Schwulenparagraf» bekannt und kriminalisierte homosexuelle Männer. Er stammte aus dem deutschen Kaiserreich und wurde vor allem zur Zeit des Nationalsozialismus angewandt. 1969 wurden homosexuelle Akte straffrei gestellt. Abgeschafft wurde der Paragraf im Jahr 1994.

Andreas Gehlmann (AfD) sorgte 2016 im Landtag von Sachsen-Anhalt für Aufsehen, als er laut stenografischem Protokoll der Sitzung mit einem Zwischenruf Gefängnisstrafen für Homosexuelle befürwortete. Anlass dafür war eine Rede über sichere Herkunftsländer, bei der auch die Verfolgung von Homosexuellen in den nordafrikanischen Maghreb-Staaten thematisiert wurde. Offizielle Parteilinie ist das den Programmen zufolge aber nicht.

Auch die Behauptung, die AfD wolle ein «Verbot von Schwangerschaftsabruch ausser bei Vergewaltigung durch dunkelhäutige Ausländer» (Schreibweise im Original) einführen, lässt sich nicht belegen. Im Grundsatzprogramm der AfD steht zum Thema Schwangerschaftsabbruch: «Die AfD steht für eine Kultur des Lebens (...) und ist der Meinung, dass der Lebensschutz bereits beim Embryo beginnt. (...) Die AfD wendet sich gegen alle Versuche, Abtreibung zu bagatellisieren, staatlicherseits zu fördern oder sie gar zu einem Menschenrecht zu erklären.»

(Stand: 12.9.2023)

Links

Link zur Grafik (archiviert; archiviertes Bild)

DIW Studie(archiviert)

Grundsatzprogramm der AfD

Grundsatzprogramm der AfD(archiviert)

Stenografischer Bericht der Plenarsitzung im Landtag von Sachsen-Anhalt am 2.6.2016 (archiviert)

Thomas Seitz (AfD) Tweet zur Todesstrafe (archiviert)

Artikel 102 Grundgesetz (archiviert)

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