Falsche Zahlen für Deutschland

CO2-Kompensation durch Wald liegt bei weniger als 10 Prozent

05.09.2023, 16:58 (CEST), letztes Update: 07.09.2023, 10:00 (CEST)

Kann der Wald die Emissionen eines ganzen Landes neutralisieren? Eine Recherche zeigt: Bäume allein werden den Klimawandel nicht aufhalten.

Während weltweit an verschiedenen Orten Wälder brennen, wird in sozialen Medien berechtigterweise darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig Bäume für unsere Umwelt sind. Denn sie sind in der Lage, klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) aufzunehmen. Unter anderem ist zu lesen, die 90 Milliarden Bäume in Deutschland könnten pro Jahr 1,35 Billionen Kilogramm CO2 binden. In Deutschland lägen die CO2-Emissionen allerdings jährlich nur bei rund 700 Milliarden Kilogramm, also etwa der Hälfte. Aber stimmt die Rechnung?

Bewertung

Nein. Basierend auf den letzten verfügbaren Angaben zum Zustand der deutschen Wälder, kompensieren diese weniger als 10 Prozent der hierzulande entstandenen CO2-Emissionen.

Fakten

Pflanzen nutzen unter anderem Licht, Wasser und Kohlenstoffdioxid, um zu wachsen. Bäume binden den Kohlenstoff (C) im Holz und geben Sauerstoff (O2) in die Umgebung ab. Wie viel Kohlenstoff gespeichert wird, ist abhängig von Masse und Dichte des Holzes, aber auch Art und Alter des Baumes: So lagern Laubbäume wie die Buche mehr Kohlenstoff ein als Nadelbäume wie Fichten, alte Waldgebiete mehr als junge Wälder.

Exakte Zahlen zum Speichervermögen liegen allerdings nicht vor. Außerdem ist der Ausgleich zeitlich begrenzt: Sterben die Bäume ab und zersetzen sich, wird auch der gebundene Kohlenstoff wieder freigesetzt. Insofern dienen Bäume im besten Fall dazu, klimabedingte Auswirkungen zu verschieben, nicht jedoch aufzuheben.

In Deutschland wird der Zustand der Wälder stichprobenartig durch die Bundeswaldinventur erfasst. Die erwähnte Zahl von 90 Milliarden Bäumen stammen aus der Erhebung aus dem Jahr 2012. Damals lag die geschätzte CO2-Aufnahme der deutschen Wälder bei 52 Millionen Tonnen – lebende Bäume und Totholz zusammen.

Da die Ergebnisse der Bundeswaldinventur von 2022 noch ausstehen, liefert die Kohlenstoffinventur aus dem Jahr 2017 eine Art Zwischenstand. Demnach seien die hiesigen Wälder nach wie vor eine Kohlenstoffsenke: Sie nehmen also mehr Kohlenstoff auf als sie abgeben. Die Aufnahme von CO2 liegt dem Bericht zufolge bei nunmehr rund 62 Millionen Tonnen pro Jahr, also 62 Milliarden Kilogramm.

Im Jahr der Inventur (also 2017) lagen die CO2-Emissionen Deutschlands nach Angaben des Umweltbundesamtes (Download) bei rund 786 Millionen Tonnen. Damit kompensierten die Wälder hierzulande seinerzeit gerade einmal knapp 7,9 Prozent der Emissionen. 2022 lag das ausgestoßene CO2 der Behörde zufolge bei etwa 666 Millionen Tonnen. Das entspräche auf Grundlage der Waldinventur-Zahlen von 2017 auch nur etwa 9,3 Prozent.

(Stand: 5.9.2023)

Links

Sharepic mit Falschaussage (archiviert)

Wald als CO2-Speicher (archiviert)

Zur dritten Bundeswaldinventur 2012 (archiviert)

Wald als Kohlenstoffsenke (archiviert)

Ergebnisse der Kohlenstoffinventur 2017 (archiviert)

UBA über CO2-Emissionen 1990-2022 zum Download (archiviert)

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