Erfundene Quelle

Video zeigt keine OSZE-Mitarbeiterin

31.07.2023, 20:29 (CEST)

Immer wieder kursieren Gerüchte über Organhandel in der Ukraine. Eine angebliche Augenzeugin dafür stammt aber aus Russland.

Zwischen 2014 und 2022 war für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine eine Sonderbeobachtungsmission (SMM) im Einsatz. In den sozialen Netzwerken ist nun zu lesen, eine ehemalige Mitarbeiterin der OSZE habe von Laboren berichtet, in denen angeblich Kinder für den Organhandel getötet wurden. Was ist da dran?

Bewertung

Die angebliche ehemalige Mitarbeiterin war nie für eine der Institutionen der OSZE tätig. Sie stammt offenbar aus dem russischen Wladiwostok und war 2014 lediglich Teil eines Jugendforums, das vom Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) der OSZE ausgerichtet wurde.

Fakten

Die Behauptung findet sich unter anderem in einem Tweet, der einen kurzen Interviewausschnitt enthält. In dem Video spricht eine Frau, angeblich die «ehemalige Beobachterin der humanitären Überwachungsmission der OSZE, Vera Vayiman». Sie erzählt von Laboren in der Ukraine, in denen die sterblichen Überreste von Kindern gefunden worden sein sollen, deren Organe zum Verkauf entnommen wurden.

Vera Vayiman oder Nikulina?

Etwa in der Mitte der Videosequenz (ab 00:28) wird am unteren Bildrand ein Text eingeblendet. Über eine Bilderrückwärtssuche ist eine andere, höher aufgelöste Version des Videos zu finden. Eine erneute Rückwärtssuche ergibt, dass die Frau in dem Interview tatsächlich als Vera Vayiman (kyrillisch: Вера Вайиман) bezeichnet wird.

Eine Suche nach dem kyrillisch geschriebenen Namen führt zu einem Bericht auf der Webseite eines russischen Mediums. Dort sind ein Bild sowie ein Video der Frau im Jahr 2014 zu sehen. Sowohl der charakteristische Wirbel am Scheitel als auch die Nase sowie die ausgeprägten Nasolabialfalten stimmen in beiden Aufnahmen überein. Außerdem klingen die Stimmen gleich.

Auf dieser Seite wird die Frau Vera Nikulina (kyrillisch: Верой Никулиной) genannt und soll «Vorsitzende der Jugendkammer der Duma von Wladiwostok» sein. Die Suche nach diesen Begriffen führt zu einem Bericht anlässlich eines Jahrestages der Stadtduma Wladiwostoks. Dort wird über die Teilnahme einer Vera Nikulina als Vorsitzende der Jugendkammer an einem OSZE-Forum in Warschau berichtet.

Vera Nikulina und die OSZE

Eine Suche nach einem Forum für Jugendliche der OSZE führt zu einem Videobericht über das zweite Jugendführungskräfteforum im November 2014, das vom OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) veranstaltet wurde. Am linken Bildrand im Standbild sowie im Laufe des Videos (bei 00:30) ist die Frau im Hintergrund zu sehen.

Die Pressestelle der OSZE bestätigte auf dpa-Anfrage, dass eine Vera Nikulina an diesem Forum teilgenommen hat. Eine Person diesen oder des Namens Vera Vayiman habe jedoch weder für ODIHR noch für die OSZE gearbeitet. Außerdem habe es seitens der Sonderbeobachtungsmission keine Berichte oder Aufzeichnungen über solche Vorfälle wie Organhandel gegeben, hieß es weiter aus dem Pressebüro.

Der Handel mit Organen ist in der Ukraine außerdem illegal, wie die dpa bereits in der Vergangenheit in einem Faktencheck darlegte. Rund um das Thema kursieren seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine immer wieder Falschbehauptungen.

(Stand: 31.07.2023)

Links

Zur Sonderbeobachtungsmission in der Ukraine (archiviert)

Facebook-Post (archiviert)

Tweet (archiviert)

Videoausschnitt (archiviert)

Bilderrückwärtssuche nach Video (archiviert)

Höher aufgelöstes Video (archiviert)

Bilderrückwärtssuche nach Einblendung (archiviert)

Google-Suche nach Namen auf Kyrillisch (archiviert)

Bericht über Vera Nikulina von 2014 (archiviert)

Google-Suche nach Vera Nikulina und Jugendkammer (archiviert)

Bericht über Jahrestag der Stadtduma Wladiwostock (archiviert)

Google-Suche nach Jugendforum der OSZE (archiviert)

Video zum Jugendführungskräfteforum (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Falschbehauptungen um Organhandel

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