Keine dreifache CO2-Steuer

Benzin und Diesel verteuern sich um drei Cent

19.10.2023, 17:51 (CEST)

Zum Anfang eines neuen Jahres stehen immer wieder Gesetzesänderungen an. Nicht einfach, den Überblick zu behalten, was genau sie besagen.

Das Leben ist seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im Jahr 2022 spürbar teurer geworden. In den sozialen Netzwerken ist nun zu lesen, dass eine drastische Erhöhung der Verbraucherpreise drohe. Der Grund: Eine dreifache CO2-Steuer. Aufgrund der Erhöhung der Preise für CO2-Zertifikate würden ab 2024 der Liter Benzin um 10 Cent und der Liter Diesel um 12 Cent teurer. Zusätzlich falle für Lastwagen eine CO2-Maut an und drittens komme ein «Klimazoll» hinzu. Was steckt dahinter?

Bewertung

Es gibt keine dreifache CO2-Steuer. Ab Januar 2024 steigt zwar der Preis für CO2-Zertifikate, die Preise für Benzin, Diesel und Heizöl würden sich dementsprechend aber nur um circa 3 Cent pro Liter erhöhen. Die Angaben zu den geschätzten Mehreinnahmen aus der Lkw-Maut sind richtig. Der «Klimazoll» – der CO2-Grenzausgleich – ist im Oktober 2023 bereits in Kraft getreten, der Kauf von Emissionszertifikaten ist aber erst ab 2026 fällig.

Fakten

Es sind zwar in der Tat einige Maßnahmen zur CO2-Besteuerung geplant, aber sie fallen nicht so drastisch aus, wie behauptet.

CO2-Emissionszertifikate für fossile Brennstoffe

Um Deutschlands Ziele im Klimaschutz zu realisieren, hat die Bundesregierung 2019 das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) erlassen. Die Idee dahinter: Die Einführung eines Preises auf fossile Brennstoffe soll deren Verbrauch und damit auch die Emissionen senken. Die Abgabe erfolgt in Form von Zertifikaten, im BEHG ist eine jährlich gestaffelte Preissteigerung pro Tonne CO2 festgelegt.

Im November 2022 trat eine Gesetzesnovelle in Kraft, mit der die für 2023 geplanten Erhöhungen ausgesetzt wurden, um die Bevölkerung bei den gestiegenen Energiekosten zu entlasten. Für die Jahre 2024 und 2025 wurden um zehn Euro reduzierte Zertifikatpreise festgelegt, wie ein Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mitteilte. Daraus ergab sich für 2024 zunächst ein Preis von 35 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2.

Da die befürchtete weitere Verschärfung der Situation auf den Energiemärkten nun aber nicht eingetreten sei, sollen auf Vorschlag des Bundesfinanzministeriums die Zertifikatpreise mit dem Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 wieder erhöht werden, erklärte der Sprecher des BMWK weiter, allerdings nur um fünf Euro. «Damit bleibt der CO2-Preis für 2024 unter den ursprünglich von der Großen Koalition vorgesehenen jährlichen Steigerungen.»

Die erwartete Erhöhung hat der Außenhandelsverband für Mineralöl und Energie e.V. (AFM+E) auf die Literpreise für Benzin, Diesel und Heizöl umgerechnet. Auf Anfrage der dpa erklärte Geschäftsführer Dr. Hans Wenck, dass die Preise für Benzin im Schnitt um rund 2,7 Cent und für Diesel und Heizöl um rund 3,1 Cent brutto steigen würden.

Im Zuge der Erhöhung der Treibhausgasquote kämen weitere Kosten hinzu, so Wenck weiter. Bei einem Liter Diesel entspreche das einer zusätzlichen Steigerung um 3 Cent brutto. Die im Netz angegebenen Zahlen von 10 beziehungsweise 12 Cent pro Liter Kraftstoff seien zu hoch gegriffen, stellte der Geschäftsführer des Verbands klar. Der Haushaltsplan für 2024 liegt dem Bundestag aktuell zur Abstimmung vor und ist noch nicht in Kraft getreten.

Die Reform der Lkw-Maut

In dem Beitrag in den sozialen Netzwerken ist außerdem zu lesen, dass ab dem neuen Jahr für Lastkraftwagen eine Maut von 200 Euro pro Tonne CO2 gelte. Der Bundesverband Güterkraftverkehr habe vorgerechnet, dass die Verbraucher dadurch mit insgesamt 7,62 Milliarden Euro pro Jahr belastet würden.

Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat diese Zahl in einer Pressekonferenz angegeben, bestätigte Jens Pawlowski, Leiter des BGL-Hauptstadtbüros, der dpa. Sie stammt aber ursprünglich aus dem Gesetzesentwurf selbst (Download, S.5). Die Logistikbranche geht davon aus, dass die gestiegenen Mehrkosten für Fuhrunternehmer auf die Verbraucherpreise umgelegt werden.

Denn gerade kleinere Unternehmen täten sich mit der zusätzlichen finanziellen Belastung schwer, so Pawlowski vom BGL weiter. «Wenn die Kosten nicht weitergereicht werden können, droht direkt die Zahlungsunfähigkeit, da die Mautkosten schlicht zu hoch sind, um sie aus Gewinnmargen zu zahlen. Bei einer durchschnittlichen Jahreslaufleistung eines Lkw von 100.000 Kilometern reden wir hier immerhin über Mehrkosten in Höhe von 20.000 Euro pro Lkw.»

Nach Berechnungen des BGL ergäbe sich daraus, dass sich der Jahreseinkauf einer vierköpfigen Familie um etwa 300 bis 400 Euro verteuere, erklärte Pawlowski. Hinweisen aus der Getränkeindustrie zufolge koste ein Kasten Wasser dann zum Beispiel etwa 50 Cent mehr. Auch der Bundesrat hat in einer Stellungnahme auf die möglichen Folgen für die Verbraucherpreise und die Logistikbranche hingewiesen (Download).

Die Maut für Lastkraftwagen wurde schon 2005 eingeführt und in den Folgejahren sukzessive ausgeweitet. Bereits im Koalitionsvertrag (Download, S.50) hatte die Bundesregierung eine Maut-Reform angekündigt. Demnach soll die Lkw-Maut künftig an die Höhe des CO2-Ausstoßes gebunden werden. Konkret soll unter anderem zum 01. Dezember 2023 ein Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 erhoben und die Mautpflicht vom 1. Juli 2024 an auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen ausgeweitet werden. Ausgenommen hiervon sollen Fahrzeuge von Handwerksbetrieben unter 7,5 Tonnen Gewicht sein.

Das Bundesverkehrsministerium rechnet bis zum Jahr 2027 mit Mehreinnahmen von insgesamt rund 30 Milliarden Euro. Ein Großteil davon sei für die erforderliche Sanierung und Modernisierung des Schienenverkehrs vorgesehen, erklärte der BMWK-Pressesprecher der dpa. Die Anpassung erfolgt im Rahmen einer Richtinline der Europäischen Union – ist also unionsrechtlich verpflichtend. Der Gesetzesentwurf liegt ebenfalls dem Bundestag zur Abstimmung vor.

CO2-Grenzausgleich: der «Klima-Zoll»

Da der Klimawandel ein grenzübergreifendes Problem ist, existieren auch auf europäischer Ebene Maßnahmen dagegen. Eine ist der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), der CO2-Grenzausgleichsmechanismus. Dieser betrifft den Import bestimmter energieintensiver Produkte in die EU, wie Eisen, Stahl, Aluminium, Zement, Düngemittel und Wasserstoff sowie einige Vorprodukte, so der Sprecher des BMWK.

Ziel sei, zu verhindern, dass Unternehmen ihre Produktion in Länder mit geringeren Klimastandards und niedrigeren CO2-Kosten verlagern – das sogenannte «Carbon Leakage» (übersetzt etwa «Kohlenstoff-Leck»). Für Produkte aus Ländern, die die klimapolitischen Vorgaben der EU teilen, werden dementsprechend keine zusätzlichen Kosten anfallen.

Die Regelung gilt seit dem 1. Oktober 2023, aktuell läuft noch eine Übergangsphase. In dieser besteht lediglich eine Berichtspflicht darüber, wie viel Treibhausgasemissionen bei der Produktion angefallen sind. «Es werden keine Gebühren, Zölle oder Ähnliches fällig. Erst ab dem 01. Januar 2026 beginnt die Regelphase, in der die betroffenen Importeure für die Emissionen ihrer Produkte CBAM-Zertifikate erwerben müssen», stellte der BMWK-Sprecher klar.

(Stand: 19.10.2023)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Angaben zu CO2-Festpreisen im BEHG (archiviert)

Zur Gesetzesnovelle des BEHG (archiviert)

Zur Haushaltsfinanzierung des Bundes für 2024 (archiviert)

Zur Treibhausgasquote (archiviert)

Pressemitteilung des BGL (archiviert)

Gesetzesentwurf zur Änderung der Lkw-Maut (Download) (archiviert)

Koalitionsvertrag der Ampelregierung (archiviert)

Bundesrat zur Gesetzesänderung (Download) (archiviert)

Einzelheiten zur Änderung der Lkw-Maut (archiviert)

Zur Änderung der Eurovignettenverordnung (archiviert)

Zu «CBAM» (archiviert)

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