Keine Impfung im Essen

Frosch-Logo ist ein Nachhaltigkeitssiegel

14.07.2023, 14:48 (CEST)

Wieder verbreitet sich eine haarsträubende Geschichte über Bill Gates im Netz. Diesmal soll er über ein Nachhaltigkeitslabel mRNA in unsere Lebensmittel schmuggeln. Doch das ist frei erfunden.

Wahrscheinlich haben Sie es schon im Supermarkt gesehen: das Rainforest-Alliance-Siegel mit dem Frosch. Berichten in den sozialen Medien zufolge sollte man Produkte mit diesem Aufdruck auf der Packung meiden. Denn angeblich steckt Bill Gates - für manche die Quelle allen Übels in der Welt - dahinter und stopft Produkte wie Salatköpfe mit mRNA-Impfstoff voll. Schon während der Corona-Pandemie waren viele besorgt über die neue Impfstoffart. Aber mRNA in Lebensmitteln, ist das nicht ein Unding?

Bewertung

mRNA ist nicht in unserer Nahrungskette. Das Frosch-Siegel ist ein Nachhaltigkeitszertifikat für Produkte aus Gebieten, in denen Regenwald wächst. Bill Gates steht nicht hinter dem Gütesiegel, er hat der Organisation 2007 eine Spende zukommen lassen.

Fakten

Das Frosch-Logo ist ein Gütesiegel, mit dem nach Angaben von Rainforest Alliance Produkte ausgezeichnet werden, «welche die drei Säulen der Nachhaltigkeit stützen – sozial, wirtschaftlich und ökologisch». Organisationen wie die Umweltstiftung WWF empfehlen das Label, im Lobbyregister des Bundestags ist von einer «der führenden Organisationen zur Nachhaltigkeitszertifizierung» die Rede.

Es gibt aber auch kritische Stimmen. So schrieb die «taz», dass «das Rainforest-Alliance-Siegel, obwohl hübsch grün, null mit Umwelt zu tun» habe. Und nach Angaben des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ergaben Befragungen in Ecuador und Costa Rica, dass die Arbeitsbedingungen auch auf den von Rainforest Alliance zertifizierten Plantagen katastrophal sind. Auch Oxfam hält die Label nicht für zielführend, denn auch auf zertifizierten Teeplantagen ereigneten sich nach Angaben der Nichtregierungsorganisation viele Rechtsverletzungen.

Was hat Bill Gates mit Rainforest Alliance zu tun?

Der derzeitige Geschäftsführer von Rainforest Alliance ist Santiago Gowland. Die einzige Verbindung zwischen der Organisation und Bill Gates, die die Deutsche Presse-Agentur (dpa) finden konnte, ist eine Schenkung von fast 5,5 Millionen US-Dollar von der Bill & Melinda Gates Foundation an die NGO im Jahr 2007. Diese Summe ist vergleichsweise gering: Insgesamt schüttete die Foundation 2007 rund zwei Milliarden US-Dollar als Spenden aus.

Im aktuellen Jahresbericht der Rainforest Alliance findet sich eine Liste aller Spender, die mehr als 1000 US-Dollar beigetragen haben. Insgesamt hat die Organisation allein 2022 mehr als 8000 Spenden erhalten. Die Tatsache, dass Gates vor mehr als 15 Jahren ebenfalls Geld an die NGO gespendet hat, ist also kein Beweis dafür, dass er hinter dem ganzen Unternehmen stehen würde.

Gibt es mRNA-Impfstoffe in Lebensmitteln?

Die Bill & Melinda Gates Foundation hat auch Geld in die Erforschung der mRNA-Technik gesteckt. Diese Technologie ist vergleichsweise neu. Klassische Impfstoffe beinhalten meist abgetötete oder geschwächte Erreger oder Teile davon; sie werden in den Körper eingeschleust, damit das Immunsystem reagiert. Dabei bilden sich Abwehrzellen und spezielle Eiweiße - Antikörper - die uns gegen den entsprechenden Erreger schützen.

mRNA-Impfstoffe funktionieren anders: Das Botenmolekül mRNA (m für «messenger») ist eine Art Datenkurier, den man «beladen» kann. Mit der mRNA enthalten die Impfstoffe die Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers. Auf dieser Grundlage stellen die Körperzellen Teile des Hüllproteins her. Gegen dieses entwickelt der Körper seine Immunantwort. Die mRNA wird dabei nicht in das Erbgut des Menschen eingebaut.

Es gibt zwar schon lange Forschungsprojekte, um gentechnisch veränderte Pflanzen zur Medikamentenproduktion zu nutzen. Ein Problem dabei bestehe aber in der Dosierung, wie Heribert Warzecha im Deutschlandfunk erklärte. Es sei unmöglich vorherzusagen, wie viel von einem Medikament eine bestimmte Pflanze in ihren Zellen anreichern wird, so der Pflanzenbiotechnologe. Deshalb wird das Medikament oder der Impfstoff nicht mit der Pflanze eingenommen, sondern nach einem Trocknungsverfahren in Kapseln dosiert.

mRNA-Impfstoffe sind verglichen mit anderen Wirkstoffen jedoch besonders empfindlich. Ihre Kühlung hat die Staaten während der Corona-Pandemie vor große Probleme gestellt. An der kalifornischen Universität Riverside läuft seit einigen Jahren ein Forschungsprojekt zur Herstellung von mRNA in Pflanzen. Doch die Forschung steckt nach Angaben des Projektleiters noch in den Kinderschuhen und bis zur Marktreife seien noch weitere Studien notwendig, was voraussichtlich noch Jahre dauern wird.

(Stand: 14.07.2023)

Links

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Facebook-Post (archiviert)

Rainforest Alliance über das Siegel (archiviert)

WWF über Rainforest Alliance (archiviert)

Rainforest Alliance im Lobbyregister (archiviert)

BUND über Rainforest Alliance (archiviert)

«taz» über Rainforest Alliance (archiviert)

dpa-Artikel via «Rheinische Post» (archiviert)

Über Santiago Gowland (archiviert)

Spende an Rainforest Alliance (archiviert)

Jahresbericht Gates Foundation 2007 (archiviert)

Jahresbericht Rainforest Alliance 2022 (archiviert)

Gates Stiftung und Curevac (archiviert)

dpa-Faktencheck zu mRNA-Impfstoffen

Deutschlandfunk-Artikel (archiviert)

Artikel über pflanzliches Insulin (archiviert)

«Handelsblatt»-Artikel (archiviert)

dpa-Faktencheck zu Impfung mit Gemüse

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