«Kein Selenskyj, kein Krieg»

Fake-Werbebanner hing nicht in New York - Sequenz aus Youtube-Video manipuliert

30.06.2023, 15:56 (CEST)

Video-Manipulationen sind immer schwerer zu erkennen. So geht in mehreren Ländern ein kurzer Clip aus New York um. Doch ein entscheidendes Detail wurde nachträglich hinzugefügt.

Ist in New York kürzlich ein Werbebanner aufgehängt worden, dass sich gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj richtet? In sozialen Netzwerken macht zumindest ein entsprechendes Video aktuell die Runde. User aus mehreren Ländern verbreiten es weiter. Darin ist ein angebliches Werbebanner mit der Aufschrift «No Zelensky, No War» (auf Deutsch «Kein Selenskyj, kein Krieg») zu sehen. Ist das Video echt und hat es das Plakat je gegeben?

Bewertung

Das Video wurde manipuliert: In dem Original-Video, das 2021 bei Youtube hochgeladen wurde, ist ein solches Plakat nicht zu sehen.

Fakten

In dem verbreiteten Clip ist eine Straßenkreuzung zu sehen, die sich tatsächlich in New York befindet. Es handelt sich um die bekannte Fifth Avenue in Manhattan an der Ecke zur «E 57th Street».

Auf Bildern bei Google-Maps vom Juni 2022 ist dort ein Teil eines Baugerüsts am Schmuckgeschäft «Tiffany & Co.» erkennbar, das sich in dem viralen Clip wiederfinden lässt. Aufgrund der schlechten Qualität des Clips ist zwar der Schriftzug «Tiffany & Co.» nicht eindeutig zu lesen, aber der cyanblaue Teil stimmt überein.

Am 29. Juni 2023 berichteten mehrere Medien über ein Feuer am Schmuckgeschäft. Auf Fotos und Video, etwa bei der «New York Post», ist das Geschäftsgebäude zu sehen - allerdings steht dort kein Gerüst. Die Konstruktion muss also zwischen der Aufnahme bei Google Maps vom Juni 2022 und den aktuellen Bildern aus dem Juni 2023 abgebaut worden sein. Wahrscheinlich ist das im Winter oder Frühjahr passiert, denn wie aus einem Artikel der Nachrichtenagentur Reuters hervorgeht, feierte das Schmuckgeschäft nach fast vier Jahre langen Renovierungsarbeiten Ende April 2023 die Neueröffnung.

Wann wurde das Video aufgenommen?

Von Ende Juni 2023 ist das Video also nicht. Anhand mehrerer Details in dem verbreiteten Clip lässt sich der Aufnahmezeitpunkt aber eingrenzen: Bei Google Maps gibt es weitere Aufnahmen der Kreuzung zu früheren Zeitpunkten. So war im Juni 2019 bei Google Maps an der Kreuzung noch kein Gerüst zu sehen. Zudem fehlt der Zebrastreifen, der von einer Frau mit Hund und weiteren Passanten in dem manipulierten Clip überquert wird. Das Gehäuse der Ampeln an der Kreuzung weist in dieser Aufnahme eine dunkle Farbe auf.

In einer Aufnahme vom August 2021 stand an der Stelle bereits das Gerüst samt angebrachter Werbung. Auch der Zebrastreifen existiert zu diesem Zeitpunkt. Allerdings: Das Ampel-Gehäuse ist nun gelb und wurde offenbar ausgetauscht. Der Clip ist also irgendwann zwischen diesen Aufnahmen vom Juni 2019 und August 2021 entstanden.

Bei Sekunde 5 zeigt der Clip das angebliche «No Zelensky»-Plakat. Wie in der Einstellung zu sehen ist, befindet sich an der anderen Seite des Gerüsts ein weiteres Plakat mit zwei schwarzen Rechtecken, die durch etwas verbunden werden. Über eine Suche nach Bildern des Gebäudes lässt sich das zweite Plakat tatsächlich finden. Es handelt sich um eine Kampagne einer Foto-Werbeagentur für das Schmuckgeschäft «Tiffany & Co.». Demnach war ein Fotograf der Agentur im Januar 2021 damit beauftragt worden. Die Werbeagentur hat auch ein Bild mit der Werbung an der entsprechenden Kreuzung veröffentlicht.

Bei einem Vergleich des Bildes mit der Einstellung in dem Video fällt ein Unterschied auf: In dem Foto der Werbeagentur ist die gesamte Fassade durch die Werbung verdeckt, in der Einstellung bei Sekunde 5 sind über dem angeblichen Plakat aber Teile der Fassade und einige Fenster zu sehen. Mit weiteren Bilder-Suchen lässt sich ein Artikel vom August 2021 über die Renovierungsarbeiten am Schmuckgeschäft finden, in dem auch ein Foto mit derselben Kampagne zu sehen ist. In dieser Aufnahme, die laut dem Artikel Mitte Juli 2021 gemacht wurde, sind wie in der Einstellung bei Sekunde 5 Teile der Fassade über der Kampagne der Werbeagentur zu sehen.

Youtube-Video aus Juli 2021 zeigt identische Sequenz ohne Plakat

Mit diesen Hinweisen lässt sich ein Video auf Youtube finden, in dem es um einen Spaziergang über die Fifth Avenue und durch New York geht. Der Beitrag wurde am 15. Juli 2021 hochgeladen. Bereits zu Beginn ab Minute 1:06 ist die Sequenz zu sehen, die auch in dem verbreiteten Clip verwendet wird.

Es gibt jedoch einen Unterschied: In dem Video vom Juli 2021 ist kein Plakat mit der Aufschrift «No Zelensky, No War» an dem Gerüst zu sehen, sondern nur das Motiv aus der Werbekampagne. Die Szene aus dem Youtube-Video wurde also für den Clip mit dem Fake-Plakat verwendet und entsprechend manipuliert. Das vermeintliche Plakat wurde nachträglich hinzugefügt.

(Stand: 30.6.2023)

Links

Aufnahmeort bei Google Maps (archiviert)

Original-Video bei Youtube (archiviert)

Kreuzung im Juni 2022 bei Google Maps (archiviert)

«New York Post» über Brand am 29. Juni 2023 (archiviert)

Reuters zur Neueröffnung des Geschäfts im April 2023 (archiviert)

Kreuzung im Juni 2019 bei Google Maps (archiviert)

Kreuzung im August 2021 bei Google Maps (archiviert)

Werbeagentur zu Kampagne für «Tiffany & Co.» (archiviert / archiviertes Bild)

Artikel über Renovierungsarbeiten vom August 2021 (archiviert / archiviertes Bild)

Facebook-Post (archiviert / archiviertes Video)

Englischsprachiger Tweet (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.