Kein «Vorher» und «Nachher»

Falsche Haltestelle: Mariupol ist nicht Poppenbüttel

16.06.2023, 11:20 (CEST)

Wer Hamburgs Stadtteil Poppenbüttel für die zerbombte Stadt Mariupol in der Ukraine ausgibt, hat entweder keine Ahnung von Geografie - oder will andere Menschen absichtlich täuschen.

Monatelang haben russische Truppen die ukrainische Hafenstadt Mariupol im Frühjahr 2022 beschossen. Als sich die Verteidiger am 20. Mai ergaben, lag die Stadt in Schutt und Asche. Doch nun werde Mariupol wieder aufgebaut - schöner denn je, wollen manche Nutzer sozialer Netzwerke glauben machen. Als Beleg werden Bilder gepostet, die einen Busbahnhof «vorher» und «nachher» zeigen sollen. Hat sich die Trümmerwüste tatsächlich so schnell verwandelt?

Bewertung

Das obere Bild zeigt den Busbahnhof in Mariupol vor dessen Zerstörung, das untere stammt hingegen aus Hamburg-Poppenbüttel. Die Abbildungen zeigen also kein «Vorher» und «Nachher».

Fakten

Eine Foto-Rückwärtssuche mit dem unteren Motiv führt sekundenschnell zum eigentlichen Standort der futuristischen Busstation. Es ist der Busbahnhof in Hamburg-Poppenbüttel, der nach Angaben des Baudienstleisters Heinze im Jahr 2010 fertiggestellt wurde.

Gut 2000 Kilometer weiter südöstlich findet sich bei Google-Maps eine Aufnahme des Busbahnhofs von Mariupol aus dem Jahr 2016. Auf der Seite des Projekts eyesonrussia.org, das viele Zerstörungen des Ukrainekriegs fotografisch dokumentiert, ist ein Foto des Gebäudes von der Eingangsseite zu finden. Es ist auf den 29. April 2022 datiert und zeigt schwere Zerstörungen.

Obwohl die russische Beschriftung von «vorher» und «nachher» spricht, zeigen die beiden Bilder also nicht den gleichen Ort. «Prorussische Propaganda tut einfach mal so, als hätte sie den Busbahnhof gebaut - und zwar in Mariupol. Es wird immer absurder», kommentiert das die Seite Volksverpetzer.de, die immer wieder Falschbehauptungen wie diese aufs Korn nimmt.

Wie sich die tatsächliche Lage in Mariupol ein Jahr nach der russischen Eroberung darstellt, hat beispielsweise die Zeitung «taz» Ende März berichtet. Auch ein dpa-Faktencheck kam jüngst zu dem Schluss, der demonstrative Wiederaufbau stehe in keinem Verhältnis zu den vorangegangenen Zerstörungen in der Stadt.

Mariupol stand seit dem Beginn der russischen Invasion immer wieder im Mittelpunkt verschiedenster Falschbehauptungen. Davon zeugt eine Reihe von Faktenchecks, die diese Gerüchte widerlegen.

(Stand: 16.06.2023)

Links

ZDF-Bericht zu Mariupol (archiviert)

Facebook-Post I und II (archiviert I und II)

Foto-Rückwärtssuche (archiviert)

Ergebnis Bildersuche (archiviert)

Objektbeschreibung Heinze (archiviert)

Busbahnhof Mariupol bei Google-Maps (archiviert)

Luftlinie Poppenbüttel-Mariupol (archiviert)

Projekt eyesonrussia.org (archiviert)

Busbahnhof bei eyesonrussia (archiviert)

Volksverpetzer-Kommentar (archiviert)

taz zur Lage in Mariupol (archiviert)

dpa-Faktencheck zum Wiederaufbau

dpa-Faktenchecks zu Mariupol I, II, III, IV, V, VI

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