Extremismus

Gegen einzelne Rechtsextreme liegen mehrere Haftbefehle vor

24.05.2023, 16:49 (CEST)

Rund 170 Polizisten haben Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern durchsucht, die mit der Klimaschutzgruppe Letzte Generation in Verbindung stehen sollen. Der Vorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Im Netz wurde die Aktion teils kritisiert. So schreibt ein Nutzer via Twitter: «In Deutschland werden rund 900 Neonazis per Haftbefehl gesucht.» Offenbar sieht er hier mehr Handlungsbedarf als bei den Klimaaktivisten. Doch stimmt diese Zahl?

Bewertung

Ende September 2022 lagen nach Angaben des Bundesinnenministeriums 915 noch nicht vollstreckte Haftbefehle gegen Personen vor, die
dem politisch rechten Spektrum zuzurechnen sind. Da teils mehrere Haftbefehle für dieselbe Person erlassen wurden, waren jedoch nur 674 Rechtsextreme betroffen.

Fakten

In einem Kommentar zu dem Tweet, in dem von 900 gesuchten Neonazis die Rede ist, hat der Nutzer einen Artikel der «taz» verlinkt. Offenbar bezieht sich seine Aussage auf die Überschrift «915 Haftbefehle nicht vollstreckt - Neonazis dringend gesucht».

Liest man jedoch den ganzen Artikel, wird schnell klar, dass nicht 915 Personen gemeint sind. Die Zahlen stammen aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Linken-Anfrage von Dezember 2022. Darin heißt es: «Zum Erhebungsstichtag 30. September 2022 bestanden bundesweit insgesamt 915 offene, d. h. noch nicht vollstreckte Haftbefehle gegen 674 Personen, die dem politisch rechten Spektrum zuzurechnen sind.» Hinzu kommt demnach ein Haftbefehl ausländischer Behörden.

Im Zusammenhang mit den Zahlen forderte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag Martina Renner in der «taz»: «Der Druck der Behörden kann und muss in dieser heiklen Angelegenheit durchaus noch größer sein.»

Anlässlich der aktuellen Razzia gegen die Klimaschutzgruppe Letzte Generation sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): «Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln - so wie es ihre Pflicht ist.» Im Zusammenhang mit den Klimaprotesten hätten die Polizeibehörden allein im vergangenen Jahr mehr als 1600 Straftaten registriert. Ein großer Teil davon gehe auf Straftaten bei den Straßenblockaden und anderen Aktionen der Letzten Generation zurück. Dafür habe sie «nicht das geringste Verständnis», sagte Faeser.

(Stand: 24.5.2023)

Links

dpa-Artikel via web.de (archiviert)

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«taz»-Artikel (archiviert)

Antwort auf Kleine Anfrage (archiviert)

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