Daten anderer Stationen zeigen

CO2-Messungen am Mauna Loa auf Hawaii sind aussagekräftig

06.06.2023, 14:11 (CEST), letztes Update: 06.06.2023, 14:22 (CEST)

Sollte man die Luftbestandteile ausgerechnet an einem Vulkan messen? Kritiker bezweifeln die Qualität der Daten. Doch Messwerte aus anderen Erdteilen bestätigen die Ergebnisse.

Das Gas Kohlendioxid (CO2) ist ein wesentlicher Treiber des menschengemachten Klimawandels. Seit Jahren steigt der CO2-Gehalt in der Atmosphäre an. Das zeigen Messungen am amerikanischen Mauna Loa Observatory (MLO) auf Hawaii. Doch in sozialen Netzwerken zweifeln nun einige User die Aussagekraft dieser Daten an.

Die Begründung: Beim Mauna Loa handelt es sich um einen Vulkan. So wird in mehreren Beiträgen auf vulkanische Aktivität im Jahr 2022 hingewiesen und eine Beeinflussung der CO2-Messungen durch vulkanische CO2-Emissionen ins Spiel gebracht. «Sie versuchen euch nach Strich und Faden zu verarschen und sie schaffen es immer wieder», kommentiert dazu etwa ein Nutzer. Sind die CO2-Messungen also gar nicht aussagekräftig und die Werte nur wegen Vulkan-Emissionen so hoch?

Bewertung

Die Beiträge sind irreführend. Es stimmt, dass es sich beim Mauna Loa um einen Vulkan handelt. Er ist zuletzt im November 2022 ausgebrochen. Der Ausbruch gilt allerdings seit Dezember als beendet. Die seit Jahrzehnten am Mauna Loa gesammelten Daten zur CO2-Konzentration der Erdatmosphäre sind dennoch aussagekräftig. Das zeigt ein Vergleich mit Messungen an anderen Standorten, die sich nicht in unmittelbarer Nähe zu einem Vulkan befinden und den Trend bestätigen. Aufgrund der jüngsten Aktivität wurden die CO2-Messungen vorübergehend auf den benachbarten Vulkan Mauna Kea verlegt.

Fakten

Der Mauna Loa zählt zu den größten aktiven Vulkanen der Erde und ist ein Bestandteil von Hawaii, der größten Insel der gleichnamigen US-Inselgruppe im Pazifischen Ozean. Seit 1958 werden dort Messungen zur CO2-Konzentration der Erdatmosphäre vorgenommen. Der Forscher Charles David Keeling von der Scripps Institution of Oceanography (SIO) hatte damals entsprechende Messungen ins Leben gerufen. Die von ihm initiierte, auch als Keeling-Kurve bekannte Messreihe am Mauna Loa stellt die längste direkte Aufzeichnung des atmosphärischen CO2-Gehalts dar.

Parallel dazu nimmt dort seit Mai 1974 unter anderem auch die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde der Vereinigten Staaten (NOAA) eigene Messungen vor. Die Messstationen für beide Forschungsprogramme befinden sich am Mauna Loa Observatory (MLO), das tatsächlich an der Nordflanke des Vulkans liegt. Nach Angaben der NOAA ist die Lage des Observatoriums für die Aufzeichnungen ideal, da an dem abgelegenen Ort die Luft nur minimal von natürlichen Faktoren sowie von menschlichen Aktivitäten beeinflusst werde.

Was zeigen die Daten für eine Entwicklung?

Die seit Jahrzehnten gesammelten Daten belegen einen deutlichen CO2-Anstieg in der Luft, wie die von NOAA und SIO veröffentlichten Grafiken veranschaulichen. Im April lag die durchschnittlich gemessene CO2-Konzentration in der Luft nach vorläufigen Daten bei 423,36 ppm, im Mai bei 424,00 ppm. «Parts per million» (ppm) bedeutet hier Teile CO2 pro Million Luftteilchen.

Die Konzentration des für den Klimawandel mitverantwortlichen Treibhausgases CO2 ist damit heute höher als jemals in den 800 000 Jahren zuvor. Für die Berechnung der CO2-Konzentration vor 1958 wird auf Analysen von tiefliegendem Eis in der Antarktis zurückgegriffen. Sie zeigen, dass sich die CO2-Konzentration zumindest in den vergangenen 800 000 Jahren innerhalb einer gewissen Schwankungsbreite praktisch kaum verändert hatte - bis zur Industrialisierung. Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass für den Anstieg seit der Industrialisierung der Mensch verantwortlich ist.

Die gesammelten Daten am Mauna Loa zeigen außerdem eine Auffälligkeit - ein wellenartiges, zyklisches Muster des Anstiegs. Grund dafür ist das Verhalten der Vegetation auf der Nordhalbkugel in den verschiedenen Jahreszeiten: In den Sommermonaten binden Pflanzen durch Fotosynthese CO2 aus der Atmosphäre, im Winter hingegen wird gebundenes CO2 wieder abgegeben. Der CO2-Gehalt unterliegt also im Jahresverlauf saisonalen Schwankungen und auch am Tag gibt es Veränderungen, wie Keeling schon in den 1950er Jahren feststellte.

Vulkanische Emissionen: Weshalb sind die Werte dennoch aussagekräftig?

Dass Vulkane grundsätzlich CO2 ausstoßen können, ist richtig. Daher sind die Behauptungen über eine angebliche Beeinflussung der Messungen am Mauna Loa durch vulkanische Emissionen nicht neu. Das hinter der Keeling-Kurve stehende Scripps Institution of Oceanography (SIO) nimmt im Bereich FAQ zu der Thematik Stellung und auch die NOAA hat sich dem in einem Artikel gewidmet.

Die Forscher erklären darin: «Wenn man sich die minutengenauen Daten vom Mauna Loa ansieht, findet man seltene Fälle, in denen der CO2-Ausstoß durch die Emissionen von Fumarolen in Windrichtung am Berg erhöht ist.» Die Fumarolen, also Dampfaustrittsstellen am Vulkan, emittieren laut den Forschern ständig. Durch vulkanische Emissionen verursachte Schwankungen in den Daten seien daher vom Wind und nicht von der vulkanischen Aktivität abhängig. Zudem ließen sich entsprechende Einflüsse, die vor allem in der Nacht auftreten, von dem Rest der Daten unterscheiden. Die veröffentlichten Daten seien entsprechend von diesen und anderen lokalen Umwelteinflüssen bereits bereinigt.

Da nicht nur am Mauna Loa, sondern an weiteren Standorten weltweit die CO2-Konzentration gemessen wird, lässt sich die Aussagekraft der Mauna-Loa-Aufzeichnungen aber grundsätzlich auch durch einen Vergleich aufzeigen. So misst etwa das Scripps Institution of Oceanography nicht nur auf Hawaii die CO2-Konzentration, sondern bietet auch eine Gegenüberstellung mit Daten von anderen Messpunkten an. An allen Stationen zeichnet sich derselbe Trend ab: Die CO2-Konzentration ist in den vergangenen Jahrzehnten mit ähnlichen zyklischen Bewegungen gestiegen und liegt derzeit je nach Station zwischen 410 und 430 ppm.

Welche Auswirkungen hatte der Ausbruch des Mauna Loa im Jahr 2022?

In einigen Beiträgen im Netz wird aktuell auf einen Ausbruch des Mauna Loa im November 2022 hingewiesen, der angeblich bis heute andauere. Das stimmt so nicht. Richtig ist, dass der Mauna Loa Ende November 2022 nach 38 Jahren wieder aktiv war. Über den Ausbruch berichteten mehrere Medien.

Allerdings: Das Hawaiian Volcano Observatory (HVO), ein Institut zur Vulkanforschung, erklärte bereits im Dezember 2022 die Eruption für beendet. Das HVO beobachtet die Vulkane auf Hawaii und gibt regelmäßig Informationen zu der seismischen Aktivität heraus. Laut den jüngsten Updates wurde zuletzt «keine nennenswerte Aktivität festgestellt» (Stand: 1.6.2023).

Dennoch hatte der Ausbruch Auswirkungen auf die CO2-Messungen von der NOAA und der SIO: Beide Einrichtungen mussten die Messungen nach eigenen Angaben temporär unterbrechen, da der Ausbruch den Betrieb des Observatoriums und die Stromversorgung einschränkte. Später teilten NOAA und SIO mit, dass die Messungen vorübergehend verlegt wurden und vom Observatorium am Mauna Kea, einem anderen Vulkan auf der Insel, vorgenommen werden.

Auf der NOAA-Webseite gibt es nach wie vor einen Hinweis, dass die Messungen derzeit vom Mauna Kea aus durchgeführt werden. Die Daten zur Keeling-Kurve werden nach Angaben der SIO seit dem 9. März 2023 wieder vom Mauna Loa aus gesammelt.

Sind die aktuellen Messwerte nach dem Ausbruch aussagekräftig?

Hätte der Ausbruch die Messwerte in dem Maße beeinflusst, wie es im Netz angedeutet wird, müssten die Daten zumindest zum Zeitpunkt des Ausbruchs im November/Dezember 2022 deutlich höher gewesen sein als in den Vor- und Folgemonaten. Ein plötzlicher Anstieg der CO2-Konzentration nach dem Ausbruch lässt sich aus den veröffentlichtenDaten aber nicht ablesen. Im Gegenteil: Am Mauna Kea sind die von der NOAA gemessenen CO2-Werte von 417,51 ppm im November 2022 nicht sprunghaft, sondern von Monat zu Monat auf 424,00 ppm im Mai 2023 angestiegen - auch als der Ausbruch offiziell schon beendet war.

Ein Blick auf Stationen, die sich nicht an Vulkanen befinden, zeigt, dass die zuletzt gemessenen Werte am Mauna Kea nicht ungewöhnlich hoch sind: In Österreich führt beispielsweise das Sonnblick Observatorium Messungen durch. In den vergangenen Monaten bewegten sich die dort gemessenen Monatsdurchschnittswerte zwischen November 2022 und März 2023 zwischen 419 und 424 ppm, bevor für den 1. April 2023 der bisherige Höchstwert von 425,30 ppm CO2 in der Luft gemeldet wurde. Seit Mai sinkt an der Messstation in Österreich die CO2-Konzentration wieder, was jedoch dem typischen Verlauf der vorherigen Jahre entspricht.

(Stand: 5.6.2023)

Links

Über den Mauna Loa (archiviert)

Mauna Loa bei Google Maps (archiviert)

Über die Keeling-Kurve (archiviert)

Über die Anfänge der Keeling-Kurve (archiviert)

Über die NOAA-Messungen (archiviert)

Über das Mauna Loa Observatory (MLO) (archiviert)

Übersicht der NOAA-Monatsdurchschnittswerte bis Mai 2023 (archiviert)

Die Keeling-Kurve (archiviert)

CDIAC-Daten (archiviert)

Zeitleiste der vergangenen 800 000 Jahre (archiviert)

FAQ zu Scripps CO2-Programm bzw. zur Keeling-Kurve (archiviert)

NOAA-Wissenschaftler Ryan über Messungen (archiviert)

Übersicht der CO2-Konzentration an verschiedenen SIO-Messpunkten - Stand Februar 2023 (archiviert)

ZDF-Bericht zum Ausbruch im November 2022 (archiviert)

dpa-Bericht zum Ausbruch im November 2022 (archiviert)

HVO-Update aus dem Dezember 2022 (archiviert)

HVO-Update aus dem Juni 2023 (archiviert)

Keeling-Kurve zur Verlegung (archiviert)

Keeling-Kurve zur Rückkehr der Messungen auf den Mauna Loa (archiviert)

Daten vom Sonnblick Observatorium (archiviert)

Facebook-Post mit Video (archiviert / archiviertes Video)

Facebook-Post mit Tweet-Screenshot (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.