Original von Susan Sontag

Aussage über Krebsgeschwür wird fälschlich Kahane zugeschrieben

17.04.2023, 16:02 (CEST)

Ein irreführender Ausschnitt eines Artikels sorgt dafür, dass ein Zitat falsch zugeordnet wird: Es stammt von US-Schriftstellerin Susan Sontag, nicht von der deutschen Stiftungsgründerin Anetta Kahane.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung ist eine deutsche zivilgesellschaftliche Organisation, die sich gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus einsetzt. In sozialen Medien wird nun der früheren Vorsitzenden der Stiftung, Anetta Kahane, eine kontroverse Aussage zugeschrieben: «Die weiße Rasse ist ein Krebsgeschwür», steht als Zitat über einem Foto von Kahane auf einem Facebook-Sharepic. So wirkt es, als hätte sie diese Aussage getätigt. Doch das ist nicht wahr.

Bewertung

Das Zitat stammt ursprünglich von der US-Autorin Susan Sontag. Das Sharepic ist ein irreführender Screenshot aus einem Artikel, in dem das Zitat auch korrekt Susan Sontag zugeordnet wird.

Fakten

Anetta Kahane ist seit mehr als einem Jahr nicht mehr Vorstandsvorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung. Sie gab den Posten zum 1. April 2022 ab. Weder im Archiv der Deutschen Presse-Agentur noch über eine Google-Suche ist ein Nachweis zu finden, dass Kahane diesen Satz jemals gesagt hat.

Der einzige Treffer führt zu einem Artikel der rechtskonservativen Zeitung «Junge Freiheit». Darin werden Aussagen gesammelt, die angeblich ein Phänomen von «Rassismus gegen Weiße» belegen sollen. Auch ein Zitat von Anetta Kahane ist enthalten - allerdings ein anderes als jenes, was nun in sozialen Medien kursiert.

Das «Krebsgeschwür»-Zitat steht zwar als groß gedruckte Zwischenüberschrift über dem Foto von Kahane - so wie es auch auf den Sharepics zu sehen ist. Es gehört aber zu einer anderen Textstelle: Weiter unten im Text der «Jungen Freiheit» ist zu lesen, dass dieses Zitat - in leicht anderer Form - von der 2004 verstorbenen amerikanischen Schriftstellerin und Kulturtheoretikerin Susan Sontag stammt. Das ist korrekt und auch in weiteren Quellen belegt.

Insgesamt gilt die Beschreibung «Rassismus gegen Deutsche» oder «Rassismus gegen Weiße» als falsches Verständnis von Rassismus oder als politischer Kampfbegriff. Unter Rassismus versteht man die falsche Vorstellung, dass sich Menschen aufgrund äußerlicher Merkmale einer vermeintlich einheitlichen, konstruierten Gruppe zuordnen lassen. Daraus entsteht dann Abwertung und Diskriminierung bestimmter als unterlegen beschriebener Gruppen, während andere als überlegen dargestellt werden.

In einer Broschüre des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen heißt es, dass als weiß betrachtete Menschen zwar auch Diskriminierung erfahren können. «Aber es existiert keine historisch verwurzelte Ideologie, die weißen Menschen Minderwertigkeit attestiert, allein weil sie weiß sind.» Sie würden keinen institutionellen oder strukturellen Rassismus erleben, etwa «im Bildungssystem, auf dem Wohnungsmarkt, im Gesundheitssystem, auf dem Arbeitsmarkt oder durch Sicherheitsbehörden. Sie sind die Norm und überall repräsentiert.»

(Stand: 17.04.2023)

Links

Archivierte Google-Suche nach dem Zitat

Meldung der Amadeu-Antonio-Stiftung über die Abgabe des Vorsitzendenposten (archiviert)

Artikel online bei der «Jungen Freiheit» (archiviert und Sontag-Passage)

Nachweis für Zitat von Susan Sontag (archiviert)

Politiklexikon der Bundeszentrale für politische Bildung über Rassismus (archiviert)

Antidiskriminierungsstelle des Bundes über Rassismus (archiviert)

Broschüre des Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen über «Rassismus gegen Weiße» (archiviert)

Beitrag der Sendung «Quarks» über «Rassismus gegen Weiße» (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert, Foto)

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